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Hilfe zur Benutzung der Brieftexte

Editorische Zeichen in den Brieftexten

  • <...> Streichung, Überschreibung, Löschung
  • [...] Herausgeberzusatz
  • +...+ Markierung längerer Passagen, auf die im Kommentar eingegangen wird, z.B. mehrfache Unterstreichung
  • +...+ Einfügungen des Schreibers mit Verweiszeichen im Original
  •  ... * Asterisk, Kennzeichnung von Textverlust durch Beschädigung der Handschrift

Ungebräuchliche und schwer verständliche Abkürzungen im Brieftext werden in eckigen Klammern [ ] aufgelöst. Die gängigen Abkürzungen und Zeichen für Münzen und Währungen bleiben unverändert. Nicht aufgelöst werden auch die geläufigen Abkürzungen bei Tempo- und Instrumentenbezeichnungen wie Allo, Andte, Vno(Violino) und Vcello(Violoncello).

Wurde ein Dokument im Laufe der Überlieferung getrennt und befindet sich nur ein Teil im Beethoven-Haus Bonn, ist dieser Teil in der Übertragung fett wiedergegeben.

Abkürzungen in den Brieftexten

  • # Dukaten
  • sfl., f., fr. Florin, Gulden
  • kr, xr, x Kreuzer
  • C.M., c.m. Konventionsmünze
  • W.W., w.w. Wiener Währung
  • BZ, B.Z. Bancozettel
  • £ Pfund Sterling
  • Rthlr Reichstaler
  • Thlr Taler
  • d.c. da capo
  • d.g., dgl. dergleichen
  • d.s. dal segno
  • etc. et cetera
  • mp, m.p. manu propria
  • Nb. Nota bene
  • P.P. Praemissis Praemittendis
  • P.S. Postscriptum
  • P.T. Pleno Titulo

Der nachgestellte Kommentar enthält den Quellennachweis sowie textkritische und erläuternde Anmerkungen. Für die häufiger zitierte Literatur werden Abkürzungen und Siglen verwendet.

4. Beethoven an Eleonore von Breuning1 in Bonn

(Fragment)

[Bonn, Sommer 1792]2

aüserst überraschend war mir die schöne HalsBinde von ihrer Hand gearbeitet, sie erweckte in mir Gefühle der Wehmut, so angenehm mir auch die Sache selbst war; vergangenheit voriger Zeiten war ihre wirkung, auch beschämung auf meiner Seite durch ihr großmüthiges Betragen gegen mich. wahrlich, ich dachte nicht, daß sie mich noch ihres Andenkens würdig hielten. o hätten sie Zeuge meiner gestrigen Empfindungen bey diesem vorfall seyn können, so würden sie es gewiß nicht übertrieben finden, was ich ihnen vieleicht hier sage, daß mich ihr Andenken weinend und sehr Traurig machte, – ich bitte sie, so <sehr> wenig ich auch in ihren augen Glauben verdienen mag, glauben Sie mir, meine Freundin (lassen sie mich ihnen noch immer so nennen) daß ich sehr <litt> gelitten habe und noch leide durch den verlust ihrer Freundschaft. Sie und ihre theure Mutter3 werde ich nie vergeßen, sie waren so gütig gegen mich, daß mir ihr verlust sobald nicht ersezt werden kann und wird, ich weiß, was ich verlohr, und <ich> was sie mir waren, <daß> aber — — — — — ich müßte in Scenen zurückkehren, sollte ich diese Lücke ausfüllen, die ihnen unangenehm zu hören und mir ihnen sie darzustellen sind.
Zu einer kleinen Wiedervergeltung für ihr gütiges Andenken an mich, bin ich so frey, ihnen hier diese Variationen4 und das Rondo mit einer violin5 zu schicken. ich habe sehr viel zu Thuen, sonst würde ich ihnen die schon längst versprochene Sonate abgeschrieben haben, in meinem Manuscript ist sie fast nur Skizze,6 und das würde dem sonst so geschickten paraquin7 selbst schwer geworden seyn sie abzuschreiben. sie können das Rondo abschreiben lassen, und mir denn die partitur zurückschicken <die dem wegeler ist>8 . es ist das einzige, was ich ihnen hier schicke, was von meinen Sachen ohngefähr für sie brauchbar, war, und da sie jezt ohnedem nach Kerpen reisen, dachte ich, es könnten diese Kleinigkeiten ihnen vieleicht einiges vergnügen machen.
leben sie wohl meine Freundin, es ist mir unmöglich sie anders zu nennen, so gleichgültig ich ihnen auch seyn mag, so glauben sie doch, daß ich ihnen und ihre Mutter noch eben so verehre wie sonst, bin ich im Stande sonst etwas zu ihrem vergnügen beytragen zu können, so bitte ich sie, mich doch nicht vorbeyzugehen, es ist noch dies einzig übrigbleibendes Mittel, ihnen meine Dankbarkeit für ihre genossene Freundschaft zu bezeigen. reisen sie glücklich, und bringen sie ihre Theure Mutter wieder völlig Gesund zurück. denken Sie zuweilen an ihren Sie noch immer verehrenden wahren Freund
Beethowen
an Fraülein von Breuning



1 Eleonore (Lorchen) Brigitte von Breuning (1771 – 1841), Schwester von Stephan, Christoph und Lorenz (Lenz) von Breuning. Sie erhielt, zusammen mit Lorenz, von Beethoven Klavierunterricht. Am 19.3.1802 heiratete sie den Arzt Franz Gerhard Wegeler.

2 Die Datierung ergibt sich aus inhaltlichen Gründen. In der Adresse fehlt die Ortsbezeichnung; daraus wie auch aus anderen Indizien ist zu schließen, daß der Brief noch in Bonn geschrieben und nicht mit der Post befördert wurde. In Kerpen, einem zwischen Köln und Aachen gelegenen Dorf, befand sich das Landgut von Johann Philipp von Breuning, einem Onkel von Eleonore. Sie verbrachte dort häufig ihre Sommerferien. Da Beethoven von ihrer bevorstehenden Abreise dorthin ausgeht, ist der Brief möglicherweise zu Sommeranfang 1792 geschrieben. Im Oktober 1792 verlangte Beethoven die hier überschickten beiden Musikmanuskripte (vgl. Anm. 4 und 5) wieder zurück, s. Brief 5 .

3 Maria Helene von Breuning geb. Kerich (1750 – 1838), Gattin des kurfürstlichen Hofrates Emanuel Joseph von Breuning (1741 – 1777) in Bonn.

4 Wohl WoO 66, 13 Variationen für Klavier über die Ariette "Es war einmal ein alter Mann" aus Karl Ditters von Dittersdorfs Singspiel Das rote Käppchen, das im Februar 1792 erstmals in Bonn aufgeführt worden war.

5 WoO 41, Rondo für Klavier und Violine G-Dur.

6 Das Werk läßt sich nicht eindeutig identifizieren. Anderson (Nr. 9) vermutet die Sonatine WoO 51. Das fragmentarisch in der Sammlung Wegeler überlieferte Autograph ist allerdings erst 1798 niedergeschrieben worden, s. Douglas Johnson, Beethoven's Early Sketches in the 'Fischhof Miscellany' Berlin Autograph 28 , Ann Arbor 1980, Bd. 1, S. 184. Es stammt aus Eleonore von Breunings Besitz und wurde postum (1830) mit einer Widmung an sie von Dunst in Frankfurt veröffentlicht.

7 Johann Baptist Paraquin (geb. 1746) war Mitglied (Sänger und Kontrabassist) der kurfürstlichen Kapelle in Bonn. Er betätigte sich offenbar auch als Kopist.

8 Die Lesart der vier gestrichenen Wörter ist zweifelhaft.


© 1998 G. Henle Verlag, München