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Editorische Zeichen in den Brieftexten

  • <...> Streichung, Überschreibung, Löschung
  • [...] Herausgeberzusatz
  • +...+ Markierung längerer Passagen, auf die im Kommentar eingegangen wird, z.B. mehrfache Unterstreichung
  • +...+ Einfügungen des Schreibers mit Verweiszeichen im Original
  •  ... * Asterisk, Kennzeichnung von Textverlust durch Beschädigung der Handschrift

Ungebräuchliche und schwer verständliche Abkürzungen im Brieftext werden in eckigen Klammern [ ] aufgelöst. Die gängigen Abkürzungen und Zeichen für Münzen und Währungen bleiben unverändert. Nicht aufgelöst werden auch die geläufigen Abkürzungen bei Tempo- und Instrumentenbezeichnungen wie Allo, Andte, Vno(Violino) und Vcello(Violoncello).

Wurde ein Dokument im Laufe der Überlieferung getrennt und befindet sich nur ein Teil im Beethoven-Haus Bonn, ist dieser Teil in der Übertragung fett wiedergegeben.

Abkürzungen in den Brieftexten

  • # Dukaten
  • sfl., f., fr. Florin, Gulden
  • kr, xr, x Kreuzer
  • C.M., c.m. Konventionsmünze
  • W.W., w.w. Wiener Währung
  • BZ, B.Z. Bancozettel
  • £ Pfund Sterling
  • Rthlr Reichstaler
  • Thlr Taler
  • d.c. da capo
  • d.g., dgl. dergleichen
  • d.s. dal segno
  • etc. et cetera
  • mp, m.p. manu propria
  • Nb. Nota bene
  • P.P. Praemissis Praemittendis
  • P.S. Postscriptum
  • P.T. Pleno Titulo

Der nachgestellte Kommentar enthält den Quellennachweis sowie textkritische und erläuternde Anmerkungen. Für die häufiger zitierte Literatur werden Abkürzungen und Siglen verwendet.

10. Beethoven an einen Angestellten des Verlags Artaria & Comp.1

[Eisenstadt, nach dem 19. Juni 1793]2

Lieber, Bester!

gestern Abend erhielt ich meine Variationen3 , sie waren mir wahrhaftig ganz fremd geworden, und das freut mich, es ist mir ein Beweiß, daß meine Composition nicht ganz alltäglich ist. ich muß ihnen aber noch einige Fehler anmerken, die ich sie bitte doch ja gleich corrigiren zu laßen, weil sie wirklich von erheblichkeit sind.
Zuerst ist auf dem Titelblatte gefehlt, wo steht avec un Violino ad libitum ,4 da <sie> die Violin durchaus mit der Klawierstimme zusammenhängt, und da es nicht möglich ist, die V . ohne violin zu spielen, so muß es heißen: avec un Violon obligate , wie ich es auch auf einem exemplare Corrigirt habe. in der 1ten Variation im 12ten Tackt findet sich von dem lezten 8tel C an ein Bindungszeichen, was nicht hin gehört. es ist mit einem Kreuzchen bezeichnet, es ist im Baße. in der 3ten V . im Eilften und 12ten Tackt sind <zwei>drei Noten im Baße ausgelaßen. im Ei[l]ften Tackt <sin> heißen diese Noten F eine viertel und eine Achtel note, im 12ten tackte heißt diese Note E , und ist eine viertels Note. es ist auch angezeigt.
in der 4ten V . im siebenten Tackte im diskant sind oben und unten zwei zeichen, die fast wie Triller aussehen, es müssen aber zwei Bogen seyn, wie ich es angedeutet habe.
in der 9ten V . beym Schluße de<r>s ersten Theiles ist das schlußzeichen gefehlet, indem es aussiehet, als <wa> müßte der erste Theil widerholt werden, was nicht seyn soll. die 4 Punkte mußen weggemacht werden, und die 4 hingemacht werden, die ich angezeigt habe. beym Schlußzeichen des 2ten Theiles <sin> müßen 4 Punkte hingemacht werden, wie ichs angedeutet habe.
in der Eilften V . im siebenten Tackt, sind 4 Noten in der diskant stimme versezt, welches ein grober Fehler ist, ich habe die Noten Corrigirt , und drauf gesezt, wie sie heißen.
in der zwölften V . im dritten Tackte in der Baßstimme ist eine Note versezt, ich habe sie auch gesezt, wie es seyn muß. in der Coda <ist> im 5 und Sechs und dreyßigsten Tackte ist <statt eines ein Bogen hi> unter die dis kant Noten ein Bogen hingesezt, das ist gefehlt, es muß ein Bloßer strich — — — — seyn, der deswegen da ist, um anzudeuten, daß die nachfolgenden Noten auch mit dem ersten Finger müssen gespielt werden.
im ein und vierzigsten Tackte in der Coda hat die Not e B <unten un> im Basse unten und oben einen Strich, das ist gefehlt, sie muß nur unten einen S[t]rich haben.
in der zweiten V . im Eilften Tackte im Baß ist statt der einen Achtells Note D eine viertelsnote gesezt, und statt der einen viertels Note D eine 8tels Note gesezt. in der 8ten V . im 25ten Tackte im Basse ist statt B , C hingesezt, ich habe es Corrigirt dieses gilt von der Klawierstimme.
in der violinstimme ist alles gut, nur ist eine Kleinigkeit anzumerken: in der 6te V . im vorlezten Takte ist ein Bogen auf die 2 AchtelsNoten ausgelaßen. in der Eilften V . im zweiten Theil im ersten Tackt ist ein Punkt hinter der Note G ausgelaßen. in der 9ten V . im 8ten Tackte in der Klawierstimme stehn Schalter Grafiken einbinden auf diesen Noten zwei 6, wovon die unterste weg muß gestrichen werden.
in der Coda in der Klawierstimme im diskant <ist> im vierzehnten Tackte ist das Bindungszeichen, welches nach dem fis stehen muß, ausgelaßen.
im 5ten Tackt in der 5ten V . in der violin Stimme ist ein auflösungszeichen weggelaßen. es ist angezeigt.
sie sind sehr geplagt mit dieser Kleinigkeit, unterdessen sehn sie selbst, daß es wichtige Fehler sind. ich bitte sie, ja doch damit zu eilen, daß alles dieses sammt dem tietelblatte geändert wird. sollten schon einige verkauft seyn, so muß artaria5 sorgen, daß er <sie wie> die exemplare wider bekommt, und die Fehler Corrigirt6 . ich komme Morgen oder übermörgen selbst na[c]h vien.
ich muß schließen, ohne ihnen in der Eil noch was anders schreiben zu können, als daß ich bin ihr sie verehrender Freund
Ludwig v. Beethowen.
das exemplar was zu oberst liegt ist Corrigirt .



1 Der Brief ist an eine Person gerichtet, welche die Befugnis hatte, Korrekturen an den Platten der soeben fertiggestellten Originalausgabe der Variationen WoO 40 zu veranlassen, aber offensichtlich nicht an den Verleger selbst. Kinsky/ Halm und Anderson vermuten Nikolaus Zmeskall als Adressaten, der allerdings keinen Einfluß im Verlag hatte. Max Unger und andere dachten an Tranquillo Mollo oder Giovanni Cappi. Diese arbeiteten zunächst als Gehilfen ("giovani di negozio") in der Firma und wurden durch Vertrag vom 15.10.1793 zu Teilhabern der Firma, s. Friedrich Slezak, Beethovens Wiener Originalverleger , Wien 1987, S. 11.

2 Wie aus dem letzten Absatz hervorgeht, wurde der Brief an einem Ort außerhalb von Wien geschrieben. Beethoven war am 19.6.1793 nach Eisenstadt gereist und hatte offenbar erste Abzüge der Originalausgabe von WoO 40 ante correcturam zugesandt erhalten, die er mit dem vorliegenden Brief korrigiert zurückschickte. WoO 40 ist erstmals in der Wiener Zeitung vom 31. Juli 1793 (Nr. 61, S. 2282) als "ganz neu zu haben" angezeigt.

3 WoO 40, zwölf Variationen für Klavier und Violine über die Arie "Se vuol ballare" aus Mozarts Oper Le nozze di Figaro.

4 Ein Exemplar mit diesem Titel ist heute nicht nachzuweisen.

5 Es läßt sich nicht entscheiden, welcher der Firmeninhaber gemeint ist, Carlo (1747 – 1808), Francesco (1744 – 1808) oder Ignazio Artaria (1757 – 1820).

6 In den erhaltenen Exemplaren der Originalausgabe von WoO 40 sind sämtliche angegebenen Fehler korrigiert.


© 1998 G. Henle Verlag, München