Ungebräuchliche und schwer verständliche Abkürzungen im Brieftext werden in eckigen
Klammern [ ] aufgelöst. Die gängigen Abkürzungen und Zeichen für
Münzen und
Währungen bleiben unverändert. Nicht aufgelöst werden auch die geläufigen
Abkürzungen bei Tempo- und Instrumentenbezeichnungen wie Allo,
Andte, Vno(Violino) und Vcello(Violoncello).
Wurde ein Dokument im Laufe der Überlieferung getrennt und befindet sich nur ein
Teil im Beethoven-Haus Bonn, ist dieser Teil in der Übertragung fett wiedergegeben.
Der nachgestellte Kommentar enthält den Quellennachweis sowie textkritische und erläuternde Anmerkungen. Für die häufiger zitierte Literatur werden Abkürzungen und Siglen verwendet.
96. Beethoven an Ferdinand Ries1
[Heiligenstadt, Sommer 1802]2
1 Der Adressat erschließt sich aus der Provenienz des Autographs und aus inhaltlichen Gegebenheiten, s. Anm. 3 und 4.
2 Der Brief wurde offenbar in Heiligenstadt geschrieben, wo sich Beethoven im Sommer 1802, 1804 und 1808 aufhielt. Die Jahre 1804 und 1808 scheiden wegen der erwähnten beiden Märsche aus, s. Anm. 3 und 4.
3 Wahrscheinlich sind die beiden Märsche op. 45 Nr. 1 und 2 gemeint. Op. 45 Nr. 3 wurde ausweislich der Skizzen im Eroica-Skizzenbuch (Landsberg 6) erst im Sommer 1803 komponiert. Die Erstausgabe von op. 45 erschien Anfang 1804 im Kunst- und Industrie-Comptoir in Wien.
4 Ries schreibt zu dieser Begebenheit in einem Brief vom 28.12.1837 an Franz Gerhard Wegeler: "Brief von 1802. Graf Browne wollte alle Beethovenschen Werke haben: da B.s Bruder Carl allerhand Mauschel mit den Verlegern trieb, so nahm ich einen großen Theil dieser Werke von ihm, weil alles in vollem Preise bezahlt wurde, und ich ihm diesen Verdienst gern gönte, weil ich auf allerhand Art suchen mußte, mir diese Brüder zu Freunden zu erhalten |: worin Johann B. aber weit besser und offener als sein Bruder Karl war :| . Da Graf B.[rowne] hörte, ich hätte einen Theil von C.[arl] B-[eethoven] gekauft, so wollte er dieses nicht gleich zahlen, um ihn zu schikanieren – indem er von frühern Zeiten ich weiß nicht welche Unannehmlichkeit mit ihm hatte. Da das Zutrauen, welches mir Beet: unbedingt schenkte, diesem immer unangenehm war, so sagte C.B- seinem Bruder Louis, ich hätte das Geld erhalten und wolle es nicht geben, oder durchgebracht, und er habe gehört, die zwey Märsche seyen auch durch mich verkauft – hierauf zwang ich B., direkt mit mir zum Graf Br. zu gehen, wo sich alles aufklärte. Der Verkauf der Märsche war eine grade Lüge" , s. Hill, Ries-Briefe S. 787 (Nr. 507). Das Gerücht über die unberechtigte Veröffentlichung der zwei Märsche scheint bereits in größerem Kreise bekannt gewesen zu sein. Der Verlag Breitkopf & Härtel schreibt Beethoven nämlich im Zusammenhang mit dem Wiener Raubdruck von op. 29 am 20.11.1802 (Brief 112), daß "ein ähnlicher Fall mit einem dem Grafen Browne überlassenen Werke pp. schon Aufmerksamkeit erregt hat" .