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Ungebräuchliche und schwer verständliche Abkürzungen im Brieftext werden in eckigen Klammern [ ] aufgelöst. Die gängigen Abkürzungen und Zeichen für Münzen und Währungen bleiben unverändert. Nicht aufgelöst werden auch die geläufigen Abkürzungen bei Tempo- und Instrumentenbezeichnungen wie Allo, Andte, Vno(Violino) und Vcello(Violoncello).

Wurde ein Dokument im Laufe der Überlieferung getrennt und befindet sich nur ein Teil im Beethoven-Haus Bonn, ist dieser Teil in der Übertragung fett wiedergegeben.

Abkürzungen in den Brieftexten

  • # Dukaten
  • sfl., f., fr. Florin, Gulden
  • kr, xr, x Kreuzer
  • C.M., c.m. Konventionsmünze
  • W.W., w.w. Wiener Währung
  • BZ, B.Z. Bancozettel
  • £ Pfund Sterling
  • Rthlr Reichstaler
  • Thlr Taler
  • d.c. da capo
  • d.g., dgl. dergleichen
  • d.s. dal segno
  • etc. et cetera
  • mp, m.p. manu propria
  • Nb. Nota bene
  • P.P. Praemissis Praemittendis
  • P.S. Postscriptum
  • P.T. Pleno Titulo

Der nachgestellte Kommentar enthält den Quellennachweis sowie textkritische und erläuternde Anmerkungen. Für die häufiger zitierte Literatur werden Abkürzungen und Siglen verwendet.

125. Kaspar Karl van Beethoven an Breitkopf & Härtel in Leipzig

Wien am 22 Jan 1803

An Hrn Härtel in Leipzig.

Euer Wohlgeborner!

hab ich vor einiger Zeit versprochen diejenigen Werke anzuzeigen, welche ich zum Druck befördern werde.
Für jetzt eine grose Simphonie1 und ein groses Klavierkonzert2 , ich glaube wenn ich Ihnen beyde Werke für 600 fl überlasse, Sie nicht zu überhalten, wünschte aber (wenns Ihnen möglich wäre) beyde Werke bis Ende May 1803 gestochen zu sehen.3 Dann habe ich noch eine Overture aus dem Ballet Prometeus4 , dann aus eben demselben eine Martzialische Szene5 , ein Pastorale6 , und Finale7 , welche Stücke in den hiesigen Augarten Konzerten8 sehr oft als Musickstüke mit ungemeinem Beyfall sind aufgenomen worden, eine Ehre welche noch keiner Balletmusick wiederfahren ist, als Musickstück aufgeführt zu werden. Ich glaube nicht nöthig zu haben etwas anders davon zu sagen, als das diese Stücke auch in spätern Jahren meinem Bruder noch Ehre machen werden.
Sie könten die Overture und die Martzialische Szene alein, dann das Pastorale mit dem Finale auch alein geben, und auf diese Art 2 Theile daraus machen, oder auch alle 4 Stüke zusamen herausgeben.9 Diese 4 Stücke kann ich Ihnen um 60 # uiberlassen, um Ihnen auch einigermassen ihren Schaden zu ersetzen, weil Sie die Hälfte des Honorars ausgeschlagen haben.10 Sollten Sie aber auch keine Lust zu diesen 4 Stücken haben, welche zwar ebenso gehen würden wie Simphonien, so werde ich bey einer andern Gelegenheit nicht auf Ihnen vergessen, wiewohl ich es zu Ihrem Vortheil, und meines Bruders Ruhm wünsche diese 4 Stücke welche wirklich schön sind bald gestochen zu sehen.
Dann hätte ich noch ein Geschäft, ich werde nemlich in längstens 6 Wochen eine Prenumeration auf 3 Sonaten11 Ankündigen, jezt wünschte ich zu wissen unter welchen Bedingungen Sie diese Auflage, (wenn Sie nachher die Platen für sich verwenden können) übernehmen wollten.
Auch ist hier Hr Anten Reiche gerade von Paris angekommen,12 und hat mich (weil ich ihn schon lange kenne) gebeten Ihnen einige von seinen Werken anzutragen, welche auch recht schön sind, und wo ich Ihnen etwas um einen billigen Preis geben kan. 3 Quartetten p 2 violi. viola et violonc.13 um 50 # , 3 Simphonie14 um 60 # 1 Sonate p Clavicemba. et Flauto15 um 20 # 1 Trio p. 2 violii et violonc.16 15 # 1 Konzert <auf> für Violin17 20 # 3 Solo Sonaten p Clavi.18 60 # 3 Sonaten p Clavi. et violi.19 60 # diese Kompositionen sind recht fleißig gearbeitet.
Sonst ist mein Bruder so wie das ganze Puplikum mit Ihrer schönen Auflage des Quintetts20 sehr zufrieden, und mein Bruder dankt Ihnen besonders für die Sorgfalt welche Sie auf die Richtigkeit desselben verwendet haben.
Bey nächster Gelegenheit haben Sie Güte mir zu schreiben wie hoch die Original Auflage von wielands < Werken> und Schillers Werken nach jezigem Kurs hier seyn können, Ich habe diese Meisterwerke schon in meiner kleinen Bibliothek, aber es sind ältere und schlechtere Auflagen, und möchte Sie nach der letzt erschienenen ankündigung haben.
Sehen Sie meine Ankündigung des Quintetts in dem Wiener Diarium von 22 Januar nach.21

Ich bin mit wahrer Hochachtung ihr
K. v Beethoven

NB. Wenn Sie künftig an mich oder meinen Bruder schreiben, so bitte ich Sie nur unter meiner Adresse, denn ich und mein Bruder wohnen zusammen,22 und unter der Adresse wo Sie schreiben dauert es so lang ehe wir etwas <beko> erhalten, weil mein Bruder unter dieser nicht zu finden ist.23

Von den Transportkosten bitte ich Sie nichts mehr zu erwähnen.24



1 Op. 36.

2 Op. 37.

3 Der Verlag machte ein Gegengebot von 500 Gulden, das nicht akzeptiert wurde, s. Brief 126 , 128 und 129 .

4 Op. 43.

5 Nr. 8 aus op. 43.

6 Nr. 10 aus op. 43.

7 Nr. 16 aus op. 43.

8 Diese Konzerte fanden regelmäßig donnerstags morgens um 7 oder halb 8 Uhr in einem Restaurantgebäude im Wiener Augarten statt. 1782 begründet, standen sie seit 1795 unter der Direktion von Ignaz Schuppanzigh. Sie besaßen nicht mehr denselben hohen Rang wie zu Zeiten Mozarts und wurden nach und nach von anderen Konzertunternehmungen verdrängt.

9 Der Verlag nahm das Angebot nicht an. Die Ouvertüre wurde im Herbst 1803 zusammen mit einigen anderen kleineren Werken von Hoffmeister & Kühnel, Leipzig, erworben und erschien dort im Januar 1804 in einer Stimmenausgabe.

10 Beethoven wollte Breitkopf & Härtel die Hälfte des für op. 29 empfangenen Honorars, d.h. 19Dukaten, als Entschädigung für die Verluste zurückzahlen, die dem Verlag durch den Raubdruck von Artaria & Comp. entstehen würden, vgl. Brief 122 .

11 Das Projekt wurde nicht verwirklicht; eine öffentliche Ankündigung ist nicht nachzuweisen.

12 Anton Reicha war bereits im Oktober 1802 in Wien eingetroffen und hatte sogleich Kontakt mit Beethoven aufgenommen, s. Brief 116 .

13 Nicht sicher zu identifizieren, da die Entstehungszeit der Streichquartette Reichas nicht genau bekannt ist. In Betracht zu ziehen sind die drei Quartette op. 48, die 1804 bei Breitkopf & Härtel erschienen sind, sowie die drei Quartette op. 49, die wohl ebenfalls noch 1804 im selben Verlag veröffentlicht wurden.

14 Möglicherweise die schon 1799 entstandenen Symphonien op. 41 und op. 42, beide in Es-Dur, und eine weitere unpublizierte Symphonie aus früherer Zeit. Op. 41 und op. 42 sind im November 1803 bei Breitkopf & Härtel erschienen.

15 Op. 54, 1804 bei Breitkopf & Härtel erschienen.

16 Möglicherweise das um 1802 entstandene Trio für Violine, Viola und Violoncello, das 1808 bei der Chemischen Druckerei in Wien erschienen ist, s. Olga Sotolova, Antonin Reicha , Prag 1977, S. 206.

17 Nicht zu identifizieren.

18 Op. 46, 1804 bei Breitkopf & Härtel erschienen.

19 Möglicherweise sind die Violinsonaten op. 44 (C-Dur) und op. 55 (B-Dur, Es-Dur) gemeint, die 1804 bei Breitkopf & Härtel erschienen sind.

20 Op. 29, Ende Dezember 1802 bei Breitkopf & Härtel erschienen.

21 Gemeint ist die von Beethoven unterzeichnete Nachricht "An die Musikliebhaber" in der Wiener Zeitung Nr. 7 vom 22.1.1803, S. 297, s. Brief 127, Anm. 4 . Die Zeitung trug bis 1779 die Bezeichnung "Wiener Diarium" .

22 Die Adresse von Kaspar Karl van Beethoven wird im Hof- und Staats-Schematismus für das Jahr 1803, I, S. 150, mit "auf der Wien 26" angegeben. Sie bezeichnet das Gebäude des Theaters an der Wien, in dem Beethoven, nachdem er von Emanuel Schikaneder engagiert worden war, eine Dienstwohnung im zweiten Stock innehatte.

23 Beethoven soll (nach Carl Czernys Erinnerung) 1802 eine Wohnung am Petersplatz gehabt haben, die er nach seiner Rückkehr aus Heiligenstadt im Oktober 1802 vor seinem Einzug in die Dienstwohnung im Theater an der Wien nur kurze Zeit genutzt haben kann.

24 Kaspar Karl van Beethoven bezieht sich anscheinend auf ein verschollenes Schreiben des Verlags vermutlich vom Dezember 1802 oder Januar 1803.


© 1998 G. Henle Verlag, München