260. Beethoven an Breitkopf & Härtel in Leipzig
[Wien, 18. November 1806]
P.S.
Theils meine Zerstreuungen in schlesien, Theils die Begebenheiten ihres Landes waren Schuld, daß ich ihnen noch nicht auf ihren lezten Brief antwortete – ist es daß die Umstände sie verhindern etwas – mit mir einzugehen, so sind sie zu nichts gezwungen – nur bitte ich sie mir gleich mit der nächsten Post <mit der> zu antworten, damit falls sie sich nicht mit mir einlassen wollen – ich meine Werke nicht brauche liegen zu laßen – in Rücksicht eines Kontraktes auf 3 Jahre wollte ich diesen wohl gleich mit ihnen eingehen, wenn sie sich gefallen laßen wollten, daß ich mehrere Werke nach England oder Schottland oder Frankreich verkaufte, Es versteht sich, daß die Werke, erhalten, oder die sie von mir erhalten, oder die ich ihnen Verkaufte, auch bloß ihnen allein gehörte[n]nemlich: durchaus ganz ihr Eigenthum und nichts mit denen von Frankreich oder England oder Schottland gemein hätten – nur müste mir die Freyheit bleiben auch andere werke an eben genannte länder zu veraüßern – Doch in Deutschland wären sie der Eigenthümer meiner Werke und kein einziger anderer Verleger – gerne würde ich dem Verkauf meiner Werke in jene Länder versagen, allein ich habe z.B. von Schottland aus so wichtige Anträge, und ein solches honorar , was ich von ihnen doch nie fodern könnte, dabey ist <das Ausland> eine Verbindung mit dem Ausland für den Ruhm eines Künstlers, und im Falle er eine Reise macht immer wichtig – da ich z.B. bey den Anträgen von Schottland noch die Freyheit habe dieselben werke in Deutschland und Frankreich zu Verkaufen, so könnten sie z.B. diese für Deutschland und Frankreich gern von mir erhalten – so daß ihnen für ihren Absaz alsdenn nur London und vieleicht Edimburg (in Schottland) abginge – auf diese Art <glaube ich, es> Wollte ich recht gern den Kontrakt auf 3 Jahre mit ihnen eingehen, sie würden noch immer genug von mir bekommen – da die Bestellungen jener Länder doch manchmal mehr in einem indiwiduelleren Geschmack gefodert werden, welches wir in Deutschland nicht nöthig haben – übrigens aber glaube ich, daß das Kontrakt schließen gar nicht nöthig wäre, und daß sie sich ganz auf mein Ehrenwort, was ich ihnen hiermit geben, verlassen sollten, daß ich ihnen in Deutschland vor allen den Vorzug gebe, versteht sich, daß an diesen Werken weder Frankreich noch Holland Theil nehmen können – nur sie der alleinige Eigenthümer sind – halten sie es nun wi[e] sie wollen hierin –
mir macht das Kontrakt schließen eine Menge Umstände, das honorar <werde> würde ich ihnen für jedes Werk anzeigen – und so billig als möglich – für jezt trage ich ihnen 3 Quartetten und ein Klawierkonzert an – die versprochene Sinfonie kann ich ihnen noch nicht geben, weil ein vornehmer Herr sie von mir genommen, wo ich aber die Freyheit habe, sie in einem halben Jahr heraus zu geben – <für das Konzert verlange ich von ihnen 300 Gldn in> Ich verlange von ihnen 600 fl. für drey Quartetten, und 300 fl. für das Konzert Beyde Summen in Konwenzions-Gulden nach dem zwanzig<er> Gulden Fuß – das liebste wäre, wenn sie Awiso gäben, daß das Geld bey ihnen oder bey einem sonst bekannten Wechsler erliege, worauf ich alsdann einen Wechsel von hier nach Leipzig ausstellen würde – Sollte ihnen <dieses> dieser Weg nicht recht seyn, so kann ich auch geschehen laßen, daß sie mir für die Summe im 20 fl. Gulden[-Fuß] einen nach dem Kurse richtig berechneten Wechsel zuschicken
vieleicht ist es möglich, daß ich die Sinfonie vieleicht darf bälder stechen laßen als <sie glauben> ich höffen durfte bisher, und dann können sie solche bald haben – antworten sie mir nur bald – damit ich nicht aufgehalten werde – übrigens seyn sie überzeugt, daß ich immer ihre Handlung allen Andern gern vorziehe und ferner vorziehen werde –
mit Achtung ihr ergebenster Diener
LvBthwn
Vien am 18ten November 1806
An Breitkopf & Härtel in Leipzig.
1
Beethoven hielt sich von August bis Ende Oktober 1806 als Gast des Fürsten Karl Lichnowsky auf Schloß Grätz bei Troppau in Schlesien auf.
2
Am 14.10.1806 war die preußisch-sächsische Armee in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt durch Napoleon vernichtend geschlagen worden.
3
Brief 257 , nicht überliefert.
4
Beethoven hatte dem Verlag op. 58, op. 59, op. 60, op. 72 und op. 85 angeboten, s. Brief 256 .
5
Siehe Brief 259 .
6
Op. 59.
7
Op. 58.
8
Op. 60.
9
Möglicherweise Fürst Franz Joseph Maximilian Lobkowitz, in dessen Wiener Palais die Symphonie im März 1807 zum ersten Mal aufgeführt wurde.