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Editorische Zeichen in den Brieftexten

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  • [...] Herausgeberzusatz
  • +...+ Markierung längerer Passagen, auf die im Kommentar eingegangen wird, z.B. mehrfache Unterstreichung
  • +...+ Einfügungen des Schreibers mit Verweiszeichen im Original
  •  ... * Asterisk, Kennzeichnung von Textverlust durch Beschädigung der Handschrift

Ungebräuchliche und schwer verständliche Abkürzungen im Brieftext werden in eckigen Klammern [ ] aufgelöst. Die gängigen Abkürzungen und Zeichen für Münzen und Währungen bleiben unverändert. Nicht aufgelöst werden auch die geläufigen Abkürzungen bei Tempo- und Instrumentenbezeichnungen wie Allo, Andte, Vno(Violino) und Vcello(Violoncello).

Wurde ein Dokument im Laufe der Überlieferung getrennt und befindet sich nur ein Teil im Beethoven-Haus Bonn, ist dieser Teil in der Übertragung fett wiedergegeben.

Abkürzungen in den Brieftexten

  • # Dukaten
  • sfl., f., fr. Florin, Gulden
  • kr, xr, x Kreuzer
  • C.M., c.m. Konventionsmünze
  • W.W., w.w. Wiener Währung
  • BZ, B.Z. Bancozettel
  • £ Pfund Sterling
  • Rthlr Reichstaler
  • Thlr Taler
  • d.c. da capo
  • d.g., dgl. dergleichen
  • d.s. dal segno
  • etc. et cetera
  • mp, m.p. manu propria
  • Nb. Nota bene
  • P.P. Praemissis Praemittendis
  • P.S. Postscriptum
  • P.T. Pleno Titulo

Der nachgestellte Kommentar enthält den Quellennachweis sowie textkritische und erläuternde Anmerkungen. Für die häufiger zitierte Literatur werden Abkürzungen und Siglen verwendet.

545. Beethoven an Breitkopf & Härtel in Leipzig

Vien am 28ten Jenner 1812.

P.P.

Zur strafe für ihr gänzliches Stillschweigen lege ich ihnen auf, diese 2 Briefe gleich zu besorgen, ein windbeutel von liefländer1 versprach mir einen Brief an K.2 zu besorgen, aber wahrscheinlich, wie überhaupt die Russen und liefländer windbeutel und Großprahler sind, hat er's nicht gethan, obschon er sich für einen guten Freund von ihm ausgab – ich bitte also, obschon es als strafe ihnen aufgelegt ist, von Rechtswegen wegen vieler Fehlervoller Auflagen, falscher Titeln, Vernachläßigungen etc andern Menschlichkeiten, dieses Geschäft zu besorgen, so bitte ich denn doch abermals demüthigst diese Briefe zu besorgen – und dann mit dem Briefe an Göthe zugleich den Egmont (Partitur) zu schicken,3 jedoch nicht auf gewöhnliche weise, daß vieleicht hier oder da ein Stück fehlt et [c] nicht so, sondern ganz ordentlich; länger läßt sich dieses nicht aufschieben, ich habe mein Wort gegeben, und darauf halte [ich], um so mehr, wenn ich einen andern wie Sie zur Vollstreckung dessen zwingen kann. – ha ha ha welche sprache sie schuld sind, daß ich gegen sie führen kann, gegen einen solchen Sünder, der wenn ich wollte im härenen Bußrock wandeln müste für alle Ruchlosigkeiten so er an meinen Werken begangen, bey dem Chor im oratorium "wir haben ihn gesehn" sind sie troz meiner Nota für den alten Text , doch wieder bey der unglücklichen Verändrung geblieben,4 Ey du lieber himmel, glaubt man den[n] in Sachsen, daß das Wort die Musik mache? wenn ein nicht passendes Wort die Musik verderben kann, welches gewiß ist, so soll man froh seyn, wenn man findet, daß Musick und wort nur ein's sind und troz dem, daß der Wortausdruck an sich gemein ist, nichts besser machen wollen – dixi – auf die 50 Thaler Musikalien5 habe ich noch sehr wenig genommen, denn bey hrn Traeg ist alles träg' besonders kann ich vom Hertelischen Fleiß dort nichts spüren, schicken sie mir also Mozarts

requiem6 Partitur
M. [ozarts] Clemenza di tito7 — — —
così fan tutte8 — — —
le nozze di figaro9 — — —
don giovanni10 — — — bald,

da meine kleine Gesellschaft11 bey mir wieder anfängt so brauche ich d.g. so postfrey als möglich, denn ich bin ein armer österreichischer Musikant. – die C.p. Emanuel Bachs sachen, könnten sie mir wohl einmal schenken,12 sie vermodern ihnen doch – sind die 3 Gesänge von Göthe13 noch nicht gestochen, eilen sie damit, ich mögte sie gern der Fürstin K ynsky einer der hübschsten Dicksten Frauen in Vien bald übergeben – und die Gesänge von Egmont, warum noch nicht heraus,14 warum überhaupt nicht mit dem ganzen E. [gmont] heraus, heraus, heraus – wollen sie zu den Entreactes noch hier oder da einen schluß angepicht haben,15 kann auch seyn, oder laßen Sie das einen leipziger corrector der Musik. Zeitung besorgen, die verstehn das wie eine Fau[s]t auf ein Aug. –
das Porto für die Briefe rechnen sie mir nur gefälligst an – mir scheint, mir flüsterts, als giengen sie wieder auf eine neue Frau aus, alle bey ihnen vorgehenden Konfusionen schreibe ich dem zu, ich wünsche ihnen eine Xantippe wie dem heiligen grichischen Socrates zu Theil wurde, damit ich einmal einen Deutschen Verleger, welches viel sagen will, verlegen, ja recht in Verlegenheit erblicke – ich hoffe bald mit ein paar Zeilen von ihnen beehrt zu werden – ,

ihr Freund
Beethowen



1 Nicht zu identifizieren, vielleicht Freiherr Christoph von Stackelberg (1777 – 1841), der zweite Mann der Gräfin Josephine Brunsvik.

2 August von Kotzebue, s. Brief 546 vom 28.1.1812. Schon am 9.10.1811 (Brief 523) hatte Beethoven dem Verlag einen Brief zur Weiterleitung an Kotzebue angekündigt.

3 Der Brief an Goethe ist nicht erhalten. Der Verlag hatte die Egmont-Partitur bereits nach Weimar geschickt. Goethe vermerkte den Empfang am 23.1.1812 in seinem Tagebuch: "v Beethovens Musick zu Egmont" , s. Goethes Werke III/4, Weimar 1891, S. 255.

4 Op. 85 Nr. 4. Der Verlag hat die beiden letzten Verse

"Schlagt links den Weg nur ein,
Er muß ganz nahe seyn."

geändert in:
"Entfliehen kann er nicht,
Seyn wartet das Gericht."

Zu den Textfassungen von op. 85 siehe Beethovens Brief 519 an Breitkopf & Härtel vom 23.8.1811 sowie Alan Tyson, The 1803 Version of Beethoven's Christus am Oelberge , in: The Musical Quarterly 56 (1970), S. 551 – 584 und Sieghard Brandenburg, Beethovens Oratorium Christus am Ölberg. Ein unbequemes Werk , in: Beiträge zur Geschichte des Oratoriums seit Händel. Festschrift Günther Massenkeil zum 60. Geburtstag, hrsg. v. Rainer Cadenbach und Helmut Loos, Bonn 1986, S. 203 – 219.

5 Am 24.9.1810 (Brief 469) hatte der Verlag Beethoven ein Guthaben von 50 Talern eingeräumt, das dieser bei Johann Traeg in Wien in Form von Musikalien einlösen konnte.

6 KV 626, 1800 bei Breitkopf & Härtel erschienen.

7 KV 621, 1809 bei Breitkopf & Härtel erschienen.

8 KV 588, 1810 bei Breitkopf & Härtel erschienen.

9 KV 492. Eine Partiturausgabe des Figaro ist bei Breitkopf & Härtel in dieser Zeit nicht nachweisbar. Der Verlag brachte erst 1818 einen Klavierauszug der Oper heraus.

10 KV 527, 1801 bei Breitkopf & Härtel erschienen.

11 Beethoven veranstaltete zeitweise bei sich "Singmusiken", zu denen er schon früher Musikalien von Breitkopf & Härtel erbeten hatte, s. Brief 392 vom 26.7.1809.

12 Siehe auch Brief 474 vom 15.10.1811.

13 Op. 83 war im Oktober 1811 erschienen.

14 Die Orchesterstimmen der Ouvertüre hatte Breitkopf & Härtel im Dezember 1810 herausgegeben. Die Stimmen der Lieder und Zwischenaktmusiken sind im Januar 1812, der Klavierauszug erst im Mai 1812 erschienen.

15 Der Verlag hatte schon am 11.11.1810 (Brief 477) bemängelt, daß die Zwischenaktmusiken ohne eigene Schlüsse für den Konzertsaal nicht zu verwenden seien, und um Bearbeitung gebeten. Dazu ist es jedoch nicht gekommen.


© 1998 G. Henle Verlag, München