Ue
Beethoven-Haus Bonn Hilfe
schließen ×

Hilfe zur Benutzung der Brieftexte

Editorische Zeichen in den Brieftexten

  • <...> Streichung, Überschreibung, Löschung
  • [...] Herausgeberzusatz
  • +...+ Markierung längerer Passagen, auf die im Kommentar eingegangen wird, z.B. mehrfache Unterstreichung
  • +...+ Einfügungen des Schreibers mit Verweiszeichen im Original
  •  ... * Asterisk, Kennzeichnung von Textverlust durch Beschädigung der Handschrift

Ungebräuchliche und schwer verständliche Abkürzungen im Brieftext werden in eckigen Klammern [ ] aufgelöst. Die gängigen Abkürzungen und Zeichen für Münzen und Währungen bleiben unverändert. Nicht aufgelöst werden auch die geläufigen Abkürzungen bei Tempo- und Instrumentenbezeichnungen wie Allo, Andte, Vno(Violino) und Vcello(Violoncello).

Wurde ein Dokument im Laufe der Überlieferung getrennt und befindet sich nur ein Teil im Beethoven-Haus Bonn, ist dieser Teil in der Übertragung fett wiedergegeben.

Abkürzungen in den Brieftexten

  • # Dukaten
  • sfl., f., fr. Florin, Gulden
  • kr, xr, x Kreuzer
  • C.M., c.m. Konventionsmünze
  • W.W., w.w. Wiener Währung
  • BZ, B.Z. Bancozettel
  • £ Pfund Sterling
  • Rthlr Reichstaler
  • Thlr Taler
  • d.c. da capo
  • d.g., dgl. dergleichen
  • d.s. dal segno
  • etc. et cetera
  • mp, m.p. manu propria
  • Nb. Nota bene
  • P.P. Praemissis Praemittendis
  • P.S. Postscriptum
  • P.T. Pleno Titulo

Der nachgestellte Kommentar enthält den Quellennachweis sowie textkritische und erläuternde Anmerkungen. Für die häufiger zitierte Literatur werden Abkürzungen und Siglen verwendet.

573. August von Kotzebue an Beethoven

Reval, d. 20 A[pril 181]21

Schon am 6t März hatte ich die Ehre einen Ihrer gütigen Briefe2 zu beantworten,3 den ich durch den Buchhändler Summer[?] aus Leipzig erhielt.4 Nun habe ich den zweyten durch Hr. v. Odelga5 empfangen; von einem dritten ist mir nichts bewußt. Ich wiederhohle daß ich mit grossem Vergnügen eine große Oper für Sie dichten werde, so bald ich so glücklich bin einen guten Plan zu finden. Das geschieht bisweilen ganz von ungefähr, bisweilen muß man aber auch lange vergebens darnach hoffen. Wenn Ihnen mit komischen Opern gedient wäre, so könnte ich Ihnen bald helfen. Ich war willens einen Opern-Almanach6 heraus zu geben, bin aber [mit] dem Verleger noch nicht einig geworden. Indessen habe ich folgende Arbeiten in Manuscript liegen [1,] Die Prinzessin von Cacambo, komische Oper in 3 Acten. 2, Die Alpenhütte, ein Drama mit Gesängen in 1 Act. 3, Pervonte oder die Wünsche, komische Oper in 3 Acten. 4, Hans Max Giesbrecht von der Humpenburg oder die neue Ritterzeit, komische Oper in 1 Act. 5, Der Käficht, komische Oper in 1 Act. Alle, Pervonte etwa ausgenommen, würden der Direction sehr [wen]ig an Decorationen u. Kleidungen kosten. Wenn der Herr Fürst Lobkowitz7 mir für diese 5 Opern 2[0]0 Ducaten zugestände, so würde ich sie vor der Hand gar nicht drucken lassen, sondern ihm überliefern. Ich höre daß er Preise auf die besten Opern ausgesezt hat, kann aber nicht erfahren, wann der Termin der Einsendung ist? und an wen man sie schicken soll?8 Da der Fürst gesonnen ist, 100 Ducaten für eine einzige gute komische Oper zu geben, so sollte ich meynen, es würden ihm 200 für 5 Opern nicht zu viel seyn. Daß in keiner derselben etwas gegen die Censur enthalten ist, dafür stehe ich. Wenn Sie sich im Komischen versuchen wollten, so würden Sie besonders in Pervonte und in der Prinzessin von Cacambo ein weites Feld für Ihr Genie finden. Auf diesen Vorschlag erbitte ich mir baldige Antwort und werde unterdessen auf den Plan zu einer ernsthaften Oper denken. – Ich glaube nicht, daß die Ruinen von Athen und Ungarns erster Wohlthäter auch ausser Ungarn Glück machen werden, es wäre denn durch Ihre meisterliche Music9 . Änderungen lassen sich auch nicht [anbringen] der ganze Zuschnitt ist etwas local. Ich muß bey dieser Gelegenheit mich bitterlich beklagen, daß ich, ausser durch Ihren Brief, nicht ein einziges Wort von dem Schicksal dieser Stücke erfahren habe. Ein gewisser herr Bonaventura von Szent Ivani10 , der sich einen Repräsentanten der hohen Landes Stelle in Theater Sachen nannte, schrieb zweymal an mich aus Pesth, und, nachdem ich ihm nun vor fast 3/4 Jahren schon die begehrten Stücke gesandt, läßt er nichts weiter von sich hören, schickt kein Honorar und beantwortet keinen meiner Briefe. Haben Sie doch die Güte mir zu schreiben, ob und wann das neue Theater in Pesth eröffnet ist? ob meine Stücke gefallen haben?11 und woran es doch wohl liegen mag, daß man mich so ungeziemend behandelt?

Nochmals um baldige Antwort hieher nach Reval ersuchend, verharre ich Ihr aufrichtiger Verehrer
Kotzebue

N.S. Am besten wäre es, wenn Dichter und Componist wenigstens ein Jahr zusammen lebten, und wer weiß was einmal, nach wieder hergestelltem Frieden, geschieht, wenn die jetzige Direction mir annehmliche Vorschläge macht.

Herrn v Beethoven Wien



1 Kotzebue schreibt, er habe die Textbücher von König Stephan und Die Ruinen von Athen für die Eröffnung des neuen Deutschen Theaters in Pest vor "fast 3/4 Jahren" nach Ungarn geschickt. Beethoven erhielt sie von dort mit der Bitte um rasche Vertonung Ende Juli 1811, kurz vor seiner Abreise nach Teplitz, s. seinen Brief an Breitkopf & Härtel vom 9.10.1811 (Brief 523). Demnach ist das Datum des vorliegenden Briefs wohl mit 20. April 1812 anzunehmen. Schmidt-Görg datiert: 20.8.1812, vgl. Katalog der Handschriften des Beethoven-Hauses und Beethoven-Archivs Bonn , Bonn 1935, S. 52, Nr. 186. Kotzebues Brief stellt eine Antwort auf Beethovens Schreiben vom 28.1.1812 (Brief 546) dar.

2 Von den Schreiben Beethovens an Kotzebue ist nur der Brief vom 28.1.1812 (Brief 546) bekannt.

3 Brief 559 , nicht überliefert.

4 Vielleicht war dies der Brief vom 28.1.1812. Beethoven hatte den Verlag Breitkopf & Härtel (Leipzig) um Weiterleitung gebeten.

5 Möglicherweise Carl von Odelga (1767 – 1844), der sich 1823 als Gesandter von Nassau und Toskana in Wien für die Subskription der Missa solemnis einsetzte.

6 Die Sammlung der im folgenden aufgezählten Operntexte ist 1815 als Opern-Almanach für das Jahr 1815 in Leipzig erschienen, s. Goedeke V, S. 286, Nr. 210 – 214.

7 Fürst Franz Joseph Maximilian Lobkowitz; er hatte am 30.9.1811 die alleinige Leitung des Kärntnertortheaters übernommen.

8 Fürst Lobkowitz hatte im Frühjahr 1812 zu einem Wettbewerb für deutsche Opernlibretti aufgerufen. Das beste tragische und das beste komische "Operngedicht" sollte mit je 100 Dukaten in Gold ausgezeichnet werden. Die Manuskripte waren versiegelt bei der "Direction des k.k. Operntheaters im Fürstl. Lobkowitzischen Hause in Wien" einzureichen. Einsendeschluß war Ende Oktober 1812, s. AMZ 14 (1812), Sp. 305f.

9 Op. 113 und op. 117.

10 Wahrscheinlich ist Bonaventura von Szent-Iványi gemeint, der 1811 gestorben ist. Er war ein Bruder von Márk von Szent-Iványi, der zusammen mit Paul Ráday und Paul von Gyürky zum leitenden Komitee des Deutschen Theaters in Pest gehörte.

11 Die Eröffnung des Deutschen Theaters in Pest fand nach mehrfacher Verschiebung schließlich am 9.2.1812 statt. Die Wiener Zeitung (Nr. 15 vom 19.2.1812, S. 57) berichtete:
". . . Der Zuspruch war ungemein zahlreich, und der Beyfall allgemein."


© 1998 G. Henle Verlag, München