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Editorische Zeichen in den Brieftexten

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  •  ... * Asterisk, Kennzeichnung von Textverlust durch Beschädigung der Handschrift

Ungebräuchliche und schwer verständliche Abkürzungen im Brieftext werden in eckigen Klammern [ ] aufgelöst. Die gängigen Abkürzungen und Zeichen für Münzen und Währungen bleiben unverändert. Nicht aufgelöst werden auch die geläufigen Abkürzungen bei Tempo- und Instrumentenbezeichnungen wie Allo, Andte, Vno(Violino) und Vcello(Violoncello).

Wurde ein Dokument im Laufe der Überlieferung getrennt und befindet sich nur ein Teil im Beethoven-Haus Bonn, ist dieser Teil in der Übertragung fett wiedergegeben.

Abkürzungen in den Brieftexten

  • # Dukaten
  • sfl., f., fr. Florin, Gulden
  • kr, xr, x Kreuzer
  • C.M., c.m. Konventionsmünze
  • W.W., w.w. Wiener Währung
  • BZ, B.Z. Bancozettel
  • £ Pfund Sterling
  • Rthlr Reichstaler
  • Thlr Taler
  • d.c. da capo
  • d.g., dgl. dergleichen
  • d.s. dal segno
  • etc. et cetera
  • mp, m.p. manu propria
  • Nb. Nota bene
  • P.P. Praemissis Praemittendis
  • P.S. Postscriptum
  • P.T. Pleno Titulo

Der nachgestellte Kommentar enthält den Quellennachweis sowie textkritische und erläuternde Anmerkungen. Für die häufiger zitierte Literatur werden Abkürzungen und Siglen verwendet.

576. Beethoven an Joseph von Varena in Graz1

Vien am 8ten May 1812

Hochgeehrtester Herr!

immer kränklich und viel beschäftigt, konnte ich ihre Briefe nicht beantworten – wie kommen [sie] in aller welt aber deswegen auf Gedanken, die gar nicht auf mich passen, worüber sollte ich böse seyn? – besser wäre es gewesen, sie hätten die Musikalien gleich nach der Produktion geschikt,2 denn da war der Zeitpunkt, wo ich sie konnte hier aufführen machen, so leider kamen sie zu spät, und ich sage nur deswegen leider, denn ich konnte nun den Ehrwürdigen Frauen3 die Kosten der <Partitu> Copiaturen nicht ersparen4
Zu einer andern Zeit hätte ich auf keinen Fall sie die copiatur bezahlen machen, allein eben in diesem Zeitpunkt wurde ich mit einer Menge Mißgeschicke heimgesucht, die mich daran verhinderten – Wahrscheinlich hat Hr. R.[ettich] gesaümt mit seinem sonst wärmsten willen ihnen dieses bekannt zu machen und so muste ich mir denn von <die>ihm die Copiatur bezahlen laßen – <sie k>auch Mag ich mich in der Eile nicht deutlich genug ausgedrückt haben – sie können nun Werthgeschäzter Mann die overture wie auch den Khor5 zurückhaben, im Falle sie beyde Stücke brauchen, daß sie auf jede Art verhindern werden, daß mein Zutrauen nicht gemißbraucht werde, davon bin ich überzeugt – die andre overture6 behalten sie derweil auch so unter eben den Bedingungen, wie ich gesagt, bin ich im stande die copiaturen zu bezahlen, so löse ich sie zu meinem Gebrauche wieder ein. –
Die Partitur vom oratorium ist Geschenk, die overture von Egmont7 ebenfalls –
Die Stimmen vom oratorium behalten sie nur immer da, bis sie selbiges aufgeführt.8 – Zu einer Akademie , die sie glaube ich jezt geben wollen, nehmen sie alles, was sie wollen, und brauchen sie dazu den Kohr und die overture, die sie mir zurückgeschickt haben, so sollen ihnen beyde Stücke gleich übermacht werden – für die künftige Akademie zum besten der ehrwürdigen Urselinerinnen verspreche ich ihnen sogleich eine ganz neue Sinfonie9 , das ist das wenigste, vieleicht aber auch noch etwas wichtiges für Gesang.10 – und da ich jezt Gelegenheit habe, so soll die Copiatur keinen Heller kosten; ohne Gränzen würde meine Freude seyn über die gelungene Akademie , wenn ich ihnen auch keine Kosten hätte verursachen müßen, so nehmen sie mit meinem guten Willen vorlieb. – Emphelen sie mich den Ehrwürdigen Erzieherinnen der Kinder, und sagen sie ihnen, daß ich Freuden-Thränen über den guten Erfolg11 meines schwachen guten Willens geweint, und daß wo meine geringen Fähigkeiten <im stande>hinreichen, ihnen dienen zu können, sie immer den wärmsten Theilnehmer an ihnen in mir finden werden –
für ihre Einladung meinen Herzlichsten Danck, gern mögte ich einmal die interessanten Gegenden von Steyermarkt kennen, und es kann wohl seyn, daß ich mir dieses Vergnügen machen werde. leben sie recht wohl, ich freue mich recht innig, in ihnen einen Freund der Bedrängten gefunden zu haben – und bin allzeit

ihr Bewilligster Diener
Ludwig van Beethowen



1 Der Adressat ist aus dem inhaltlichen Zusammenhang zu erschließen. Eine Beischrift von fremder Hand oben auf der ersten Seite lautet entsprechend: " Ludwig van Beethoven an Kapellmeister Varena in Graz" .

2 Gemeint ist das Konzert vom 29.3.1812. Zu Beethovens Bitte um Rücksendung der Stimmen zur Ouvertüre aus op. 113 s. Brief 569 von Anfang April 1812.

3 Das Konzert vom 29.3.1812 war zugunsten der Ursulinerinnen in Graz, die eine Schule unterhielten, veranstaltet worden.

4 Für die Kopiatur hatte Beethoven am 15.4.1812 von Franz Rettich 45 Gulden erhalten.

5 Die Ouvertüre und Nr. 6 aus op. 113, s. Brief 549 und 569 . Die Ouvertüre war am 29.3.1812 nicht aufgeführt worden.

6 Aus op. 117.

7 Siehe Brief 531 von Ende November/Anfang Dezember 1811 an Varena, mit dem die beiden Partituren von op. 85 und op. 84 geschickt wurden.

8 Das Werk wurde ein Jahr später, am Palmsonntag, dem 11.4.1813, in Graz aufgeführt.

9 Op. 92. Von fremder Hand am Rand identifiziert: "in a" .

10 Möglicherweise die damals geplante Ouvertüre mit Sätzen aus Schillers Ode an die Freude, die im Petterschen Skizzenbuch skizziert ist, s. Sieghard Brandenburg, Ein Skizzenbuch Beethovens aus dem Jahre 1812. Zur Chronologie des Petterschen Skizzenbuches , in: Zu Beethoven 1, hrsg. v. Harry Goldschmidt, Berlin 1979, S. 117 – 148.

11 Die Einnahme des Konzerts betrug 1836 Gulden, 24 Kreuzer Wiener Währung, s. Ferdinand Bischoff, Beethoven und die Grazer musikalischen Kreise , in: Beethovenjahrbuch I (1908), S. 13 sowie Otto Erich Deutsch, Beethovens Beziehungen zu Graz , Graz 1907, S. 21.


© 1998 G. Henle Verlag, München