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Editorische Zeichen in den Brieftexten

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  • +...+ Markierung längerer Passagen, auf die im Kommentar eingegangen wird, z.B. mehrfache Unterstreichung
  • +...+ Einfügungen des Schreibers mit Verweiszeichen im Original
  •  ... * Asterisk, Kennzeichnung von Textverlust durch Beschädigung der Handschrift

Ungebräuchliche und schwer verständliche Abkürzungen im Brieftext werden in eckigen Klammern [ ] aufgelöst. Die gängigen Abkürzungen und Zeichen für Münzen und Währungen bleiben unverändert. Nicht aufgelöst werden auch die geläufigen Abkürzungen bei Tempo- und Instrumentenbezeichnungen wie Allo, Andte, Vno(Violino) und Vcello(Violoncello).

Wurde ein Dokument im Laufe der Überlieferung getrennt und befindet sich nur ein Teil im Beethoven-Haus Bonn, ist dieser Teil in der Übertragung fett wiedergegeben.

Abkürzungen in den Brieftexten

  • # Dukaten
  • sfl., f., fr. Florin, Gulden
  • kr, xr, x Kreuzer
  • C.M., c.m. Konventionsmünze
  • W.W., w.w. Wiener Währung
  • BZ, B.Z. Bancozettel
  • £ Pfund Sterling
  • Rthlr Reichstaler
  • Thlr Taler
  • d.c. da capo
  • d.g., dgl. dergleichen
  • d.s. dal segno
  • etc. et cetera
  • mp, m.p. manu propria
  • Nb. Nota bene
  • P.P. Praemissis Praemittendis
  • P.S. Postscriptum
  • P.T. Pleno Titulo

Der nachgestellte Kommentar enthält den Quellennachweis sowie textkritische und erläuternde Anmerkungen. Für die häufiger zitierte Literatur werden Abkürzungen und Siglen verwendet.

622. Beethoven an Fürstin Marie Charlotte Kinsky

[Wien, 12. Februar 1813]

Eure Durchlaucht !

Sie hatten die Gnade Sich in Ansehung des mir von Dero Höchstseeligen Herrn Gemahl zugesicherten Gehaltes dahin zu äußern, daß Sie wohl die Billigkeit, mir den dießfälligen Betrag in Wiener Währung bezahlen zu lassen, wohl einsähen, daß aber hiezu die Einwilligung der Obervormundschafts-Behörde erforderlich wäre.1
In der Überzeugung, daß die Obervormundschaftliche Behörde, welche nur die Person der von ihr vertrettenen fürstlichen Pupillen2 vorstellt, sich von eben jenen Grundsätzen müße bestimmen lassen, die den Hochstseeligen Fürsten selbst zu Gründen seiner Handlungsweise dienten, in dieser Überzeugung glaube ich an der Ratification dieser Behörde nicht zweifeln zu dürfen, indem ich das Versprechen, und die Willensmeinung des Höchseeligen Fürsten – welche für seine Kinder & Erben Gesetz ist. – durch bekannte, angesehene, und rechtschaffene Männer erwiesen, und dieselbige selbst beschwören kann und indem dasjenige was vielleicht der rechtlichen Form dieses Beweises abgeht, durch die hohen Gesinnungen des Furstlichen Hauses, und durch die eigene Tendenz desselben für erhabene Handlungen ganz gewiß ergänzet werden wird.
Eine ganz andere Ansicht wird freylich durch die Verhältniße der Verlassenschaft für den gegenwärtigen Zeitpunkt begrundet, da durch den so traurigen und unvorhergesehenen Hintritt des Höchstseeligen, ja durch die Zeit-Verhältniße selbst, dem zurückgelaßenen Verlassenschafts Vermögen so manche Last mußte aufgeladen worden sein, die eine genaue Zusammenhaltung aller Hilfsquellen für den Augenblick zum höchsten Bedürfniß und Gesetz macht.
Aus diesem Grunde bin ich auch weit entfernt, dermahl größere Ansprüche geltend zu machen, als wie solche durch meine eigene Existenz bedingt, und in dem bestehenden Contracte gegründet sind, dessen Rechtswirkung für die Erben des Höchstseeligen Fürsten nicht im Mindesten in Zweifel gezogen werden kann.
Ich bitte nehmlich, Eure Durchlaucht wollen gnädigst veranlassen daß mir mein seit 1 September 1811. rückständiger Gehalt, berechnet in W.W. nach der Scala des Contract Tages mit WW f 1088.42.,, ausgezahlt,3 und einstweilen die Frage, ob und in wie ferne mir dieser Gehalt ganz in Wiener Währung gebühre, bis zu einem Zeitpunkte aufgeschoben werde, wo die Verlassenschaft geordnet, und es folglich möglich sein werde, der Behörde diesen Gegenstand vorzulegen, und meine dießfälligen gerechten Ansprüche durch die Genehmigung und durch den Ausspruch derselben zu realisiren .
Da Seine Durchlaucht der Hochstseelige Fürst mir die von mir selbst angegebenen 60 # nur als eine a Conto Zahlung auf den mir für voll in Wiener Währung bewilligten Gehalt gegeben haben,4 und da, – wie jeder einsichtsvolle Mann Eurer Durchlaucht versichern muß – , dieses Einverständniß entweder in seinem ganzen Umfange angenommen werden muß, oder gar nichts zu meinem Nachtheil beweisen kann, so versteht es sich von selbst und Eure Durchlaucht werden erlauben daß ich diese 60 # nur als à Conto desjenigen Betrags nehme, welchen ich an meinen ganz in W.W. verwilligten Gehalt mehr, als den vorläufig flüssig zu machenden Scala Betrag würde zu fordern haben, so daß also von einer Einrechnung in den unstreitig verfallenen Scala Betrag keine Rede sein kann.
Eure Durchlaucht werden Ihren erhabenen Gesinnungen gemäß die Gerechtigkeit meines Vorschlags, und mein Bestreben, die Auseinandersetzung dieser Angelegenheit so viel es meine Umstände erlauben, nach Ihrer Bequemlichkeit zu verschieben, nicht verkennen, und Sie werden mit eben jenen hohen Gesinnungen, durch welche Sie sich für die Erfüllung des von dem Hochstseeligen Fürsten mir gegebenen Versprechens gestimt fühlen auch die Nothwendigkeit würdigen, in welche ich durch meine Lage versetzt bin, und die mich zwingt um die unmittelbare Anweisung und Auszahlung des verfallenen unstreitigen Betrags, welcher zu meinem Unterhalt höchst nöthig ist noch einmahl anzusuchen.
Indem ich der Gewährung meiner Bitte mit Froher Erwartung entgegensehe5 habe ich die Ehre mit unbegräntzter Achtung zu unterzeichnen.

Eurer Durchlaucht ganz ergebener Diener
Ludwig Van Beethowen
Wien den 12 Feb 1813.



1 Das Schreiben, eine Antwort der Fürstin auf Beethovens Gesuch vom 30.12.1812 (Brief 608), ist nicht erhalten.

2 Die minderjährigen Söhne des verstorbenen Fürsten, Rudolph und Joseph Kinsky.

3 Der Kinskysche Anteil am Gehalt Beethovens betrug nach Anwendung der Bewertungsskala 725 Gulden 48 Kreuzer Wiener Währung jährlich. Für 18 Monate ergibt sich tatsächlich die angegebene Summe.

4 Vgl. Beethovens Darstellung in Brief 608 .

5 Beethovens Erwartungen wurden nicht erfüllt. Die Gehaltszahlungen ruhten vielmehr überhaupt bis zum Vergleich im Januar 1815.


© 1998 G. Henle Verlag, München