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Editorische Zeichen in den Brieftexten

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Ungebräuchliche und schwer verständliche Abkürzungen im Brieftext werden in eckigen Klammern [ ] aufgelöst. Die gängigen Abkürzungen und Zeichen für Münzen und Währungen bleiben unverändert. Nicht aufgelöst werden auch die geläufigen Abkürzungen bei Tempo- und Instrumentenbezeichnungen wie Allo, Andte, Vno(Violino) und Vcello(Violoncello).

Wurde ein Dokument im Laufe der Überlieferung getrennt und befindet sich nur ein Teil im Beethoven-Haus Bonn, ist dieser Teil in der Übertragung fett wiedergegeben.

Abkürzungen in den Brieftexten

  • # Dukaten
  • sfl., f., fr. Florin, Gulden
  • kr, xr, x Kreuzer
  • C.M., c.m. Konventionsmünze
  • W.W., w.w. Wiener Währung
  • BZ, B.Z. Bancozettel
  • £ Pfund Sterling
  • Rthlr Reichstaler
  • Thlr Taler
  • d.c. da capo
  • d.g., dgl. dergleichen
  • d.s. dal segno
  • etc. et cetera
  • mp, m.p. manu propria
  • Nb. Nota bene
  • P.P. Praemissis Praemittendis
  • P.S. Postscriptum
  • P.T. Pleno Titulo

Der nachgestellte Kommentar enthält den Quellennachweis sowie textkritische und erläuternde Anmerkungen. Für die häufiger zitierte Literatur werden Abkürzungen und Siglen verwendet.

707. Beethoven an Georg Friedrich Treitschke

[Wien, Anfang März 1814]1

Lieber werther T!

die Verfluchte Akademie2 , wozu ich zwar zum Theil durch meine schlechten Umstände gezwungen ward, sie <anzuneh> zu geben, hat mich in Rüksicht der oper zurück gesezt –
die Kantate3 , die ich da geben wollte raubte mir auch 5 bis 6 täge – nun muß freylich alles auf einmal geschehen, und geschwinder würde ich etwas neues schreiben, als jezt das Neue zum alten, wie ich gewohnt bin zu schreiben, auch in meiner Instrumental Musick habe ich immer das ganze vor Augen, hier ist aber mein ganzes überall – auf eine gewisse weise getheilt worden, und ich muß mich Neuerdings hineindenken – in 14 Tägen die oper zu geben4 ist wohl unmöglich, ich glaube immer, daß 4 Wochen dazu gehn können, der erste Akt ist indessen in einigen Tägen vollendet – allein es ist <ihm>im 2 ten Akt noch viel zu thun auch eine neue overture5 , welches zwar das leichteste ist, da ich sie ganz neu machen kann – vor meiner Akademie war nur hier und da einiges Skizzirt, sowohl im ersten als 2ten Akt, erst vor einigen Tägen konnte ich anfangen auszuarbeiten – Die Partitur von der oper ist so schrecklich geschrieben als ich je eine gesehn habe, ich muß Note für Note durchsehn, (sie ist wahrscheinlich gestohlen) kurzum ich versichre sie lieber T., die oper erwirbt mir die Märtirerkrone, <hätte ich>hätten sie nicht sich so viele Mühe damit gegeben, und so sehr vortheilhaft alles beBearbeitet6 , wofür ich ihnen ewig danken werde, ich würde mich kaum überwinden können – sie haben dadurch noch einige gute Reste von einem Gestrandeten Schiffe gerettet – Unterdessen, wenn sie glauben, daß ihnen der Aufenthalt mit der oper zu groß wird, so schieben sie selbe auf eine spätere Zeit auf, ich fahre jezt nun fort bis alles geendigt ist, und auch ganz wie sie alles geändert und besser gemacht haben, welches ich jeden Augenblick je mehr und mehr einsehe, allein es geht nicht so geschwinde als wenn ich etwas neues schreibe – und in 14 Tägen, das ist unmöglich –
Handeln sie wie es ihnen am Besten dünkt, jedoch aber auch als Freund für mich, an meinem Eifer fehlt es nicht.

ihr Beethowen



1 Wie sich aus dem Inhalt ergibt, wurde der Brief einige Tage nach Beethovens Akademie vom 27.2.1814 geschrieben.

2 Gemeint ist die Akademie vom 27.2.1814 im großen Redoutensaal, in der die Symphonien op. 92 und op. 93, Wellingtons Sieg op. 91 und das Terzett "Tremate, empi, tremate" op. 116 aufgeführt worden waren.

3 Europens Befreyungsstunde, Text von Joseph Karl Bernard. Die Aufführung wurde am 17.2.1814 von der Zensurbehörde untersagt, wie aus einem Vermerk Friedrich von Gentz', Hofrath bei der geheimen Staatskanzlei, auf der eingereichten Textvorlage (Berlin, Staatsbibliothek, aut. 37,34) hervorgeht.

4 Zu Anfang des Jahres 1814 erhielten die Sänger an der k.k. Hofoper Ignaz Saal, Johann Michael Vogl und Karl Friedrich Weinmüller von der Theaterdirektion die Erlaubnis, eine Opernvorstellung "ohne Kosten" zu ihren Gunsten zu veranstalten. Es kam also nur eine Wiederaufnahme in Frage. Angesichts der Erfolge von Beethovens Akademien vom 8. und 12. 12. 1813 und am 2.1.1814 fiel die Wahl auf seine Oper Fidelio, die seit 1806 nicht mehr aufgeführt worden war. Beethoven stimmte dem Plan zu, bedang sich aber eine Revision des Werks aus. Mit Zustimmung des Textautors Joseph Sonnleithner wurde der amtierende Theaterdirektor und Regisseur Treitschke mit der Bearbeitung des Textes beauftragt. Es ist davon auszugehen, daß das neue Libretto bereits Anfang Februar vorlag (Beethovens Arbeitsexemplar: Bonn, Beethoven-Haus, NE 85). Die erwähnten Skizzen zur Neufassung der Oper vor der Akademie vom 27.2.1814 dürften mit denen im Skizzenbuch Landsberg 9 (S. 17 – 68; Berlin, Staatsbibliothek) identisch sein. Wie aus dem vorliegenden Brief hervorgeht, war die Aufführung für die zweite Märzhälfte 1814 vorgesehen. Dies findet eine gewisse Bestätigung in Beethovens Notiz "Die Oper Fidelio 1814 statt März bis 15ten May neu geschrieben und verbessert" in seinem Tagebuch von 1812 bis 1818, s. Maynard Solomon, Beethovens Tagebuch , hrsg. v. Sieghard Brandenburg, Bonn 1990, S. 51 (Eintrag 22); zur Vorgeschichte des Fidelio vgl. vor allem Georg Friedrich Treitschke, Die Zauberflöte. Der Dorfbarbier. Fidelio , in: Orpheus. Musikalisches Taschenbuch für das Jahr 1841, hrsg. v. August Schmidt, Wien 1841, S. 258ff. Treitschke ist in der Chronologie nicht zuverlässig.

5 Die neue Ouvertüre wurde zur ersten Aufführung der umgearbeiteten Oper am 23.5.1814 nicht rechtzeitig fertig und konnte erst bei der Wiederholung am 26.6.1814 gegeben werden.

6 Vorsilbe "be" bei Seitenwechsel verdoppelt.


© 1998 G. Henle Verlag, München