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Editorische Zeichen in den Brieftexten

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  •  ... * Asterisk, Kennzeichnung von Textverlust durch Beschädigung der Handschrift

Ungebräuchliche und schwer verständliche Abkürzungen im Brieftext werden in eckigen Klammern [ ] aufgelöst. Die gängigen Abkürzungen und Zeichen für Münzen und Währungen bleiben unverändert. Nicht aufgelöst werden auch die geläufigen Abkürzungen bei Tempo- und Instrumentenbezeichnungen wie Allo, Andte, Vno(Violino) und Vcello(Violoncello).

Wurde ein Dokument im Laufe der Überlieferung getrennt und befindet sich nur ein Teil im Beethoven-Haus Bonn, ist dieser Teil in der Übertragung fett wiedergegeben.

Abkürzungen in den Brieftexten

  • # Dukaten
  • sfl., f., fr. Florin, Gulden
  • kr, xr, x Kreuzer
  • C.M., c.m. Konventionsmünze
  • W.W., w.w. Wiener Währung
  • BZ, B.Z. Bancozettel
  • £ Pfund Sterling
  • Rthlr Reichstaler
  • Thlr Taler
  • d.c. da capo
  • d.g., dgl. dergleichen
  • d.s. dal segno
  • etc. et cetera
  • mp, m.p. manu propria
  • Nb. Nota bene
  • P.P. Praemissis Praemittendis
  • P.S. Postscriptum
  • P.T. Pleno Titulo

Der nachgestellte Kommentar enthält den Quellennachweis sowie textkritische und erläuternde Anmerkungen. Für die häufiger zitierte Literatur werden Abkürzungen und Siglen verwendet.

809. Beethoven an Johann Peter Salomon in London

Vien am 1ten Juni 1815

Mein Verehrter LandsMann!

Immer hoffte ich den Wunsch erfüllt zu sehn, Sie einmal selbst in London zu sprechen zu hören, allein immer standen mir diesen wunsch auszuführen, mancherley Hinderniße entgegen. – und eben deswegen, da ich nun nicht in dem Falle bin, hoffe ich daß sie mir meine Bitte nicht ab<ge>schlagen werden, die darin Besteht, daß Sie die Gefälligkeit hätten, mit einem dortigen verleger zu sprechen, und ihm folgende Werke von mir anzutragen1 " Großes Terzett für Klawier, violin, und Violonschell (60 #2) Sonate für Klawier mit einer Violine 60 # Große Sinfonie in A (eine meiner Vorzüglichsten) kleinere Sinfonie in F. – Quartett für 2 violinen Viola und Violonschell in F moll. – Große Oper in Partitur 30 # – Kantate mit Chören und Solo Stimmen 30 # – Partitur der Schlacht von Vittoria auf welligton's Sieg 80 # wie auch der Klawierauszug <... # >3 (wenn er, wie man mich hier versichert, nicht schon heraus ist4 – ich habe nur beyläufig zu einigen Werken das honorar beygefügt, welche ich glaube für England recht zu seyn, überlaße aber bey diesen wie bey den andern ihnen selbst, Was Sie am besten finden, daß man dafür gibt. –
ich höre zwar Kramer ist auch verleger,5 allein mein Schüler Riess schrieb mir vor kurzem, daß selber öffentlich sich gegen meine Komposizionen erklärt habe,6 ich hoffe aus keinem andern Grunde, als der Kunst zu nüzen, und so habe ich gar nichts darwider einzuwenden, will jedoch Kramer etwas von diesen schädlichen Kunstwerken besizen, so ist er mir so lieb als jeder andere verleger. – ich behalte mir bloß bevor, daß ich selbe Werke auch einem hiesigen verleger geben darf,7 so daß diese Werke <bloß für deutschland und England wären> eigentlich nur in London und Vien herauskommen würden, und zwar zu gleicher Zeit. –
vieleicht ist es ihnen auch möglich mir anzuzeigen, auf welche Art ich vom Prinzen Regenten wenigstens die Copiatur Kosten für die ihm übermachte Schlacht-Simphonieauf Wellingtons Sieg in der Schlacht vonVittoria. erhalten kann, denn längst habe ich den Gedanken aufgegeben, auf sonst irgendwo etwas zu rechnen, nicht einmal einer Antwort bin ich gewürdigt worden, ob ich dem Prinzen Regenten dieses Werk widmen <so>darf, indem ich's herausgebe, ich höre sogar das werk soll schon in London in Klawierauszug heraus seyn welch Geschick für einen Autor !!! Während die englischen und deutschen Zeitungen voll sind von dem Erfolge dieses werkes im durylane Theater aufgeführt,8 das Theater selbst ein paar gute Einnahmen damit gemacht, hat der Autor nicht einmal eine [freund]schaftliche* Zeile darüber aufzuweisen, nicht einmal den Ersaz der Copiatur -Kosten, ja noch den verl[ust]* alles Gewinnstes, denn wenn es wahr ist, daß der [Klawier]auszug* gestochen, so nimmt ihn kein deutscher ver[leger]* mehr, <ja> Es ist wahrscheinlich, daß der Klawiera[uszug]* <ganz>wohl bald irgend von einem deutschen Verl[eger]* dem Londner Nachgestochen erscheint, und ich verl[iere]* Ehre und honorar . – ihr bekannter edler Karak[ter]* läßt mich hoffen, daß sie einigen Antheil d[aran]* nehmen, und sich thätig für mich beweisen, das v[erfluch]te*9 PapierGeld unseres Staates ward schon einmal auf den 5ten Theil Seines Werthes herabgesezt, ich wurde da nach der Scala behandelt, nach vielem Ringen erhielt ich jedoch mit nahmhaften verlust die volle Währung, allein wir sind in dem Augenblicke, wo die Papiere schon jezt wieder Wieder weit über den 5ten Theil geringer sind,10 und mir steht bevor, daß mein Gehalt zum 2tenmal zu Nichts werde und ohne irgend einen Ersaz hoffen zu können – mein einziger Verdienst sind meine Kompositionen, könnte ich hierin auf die Abnahme Englands rechnen, so würde das sehr vortheilhaft für mich seyn, rechnen Sie auf meine unbegrenzteste Dankbarkeit, ich hoffe eine balde sehr baldige Antwort von ihnen

ihr Verehrer und Freund
ludwig van Beethowen.
Vienna
Mr. Salomon most renowned virtuoso in the service of His Royal Highness the Prince Regent
London Newman street. Oxford street no. 70.



1 Die Werke sind in der Reihenfolge der Aufzählung: op. 97, op. 96, op. 92, op. 93, op. 95, op. 72, op. 136 und op. 91. Am 19.3.1815 (Brief 790) hatte Beethoven bereits George Smart um Vermittlung dieser Werke mit Ausnahme von op. 136 an einen englischen Verleger gebeten. Salomon stellte den Kontakt zu Robert Birchall her, der die Klavierauszüge von op. 91 und op. 92 sowie die Violinsonate op. 96 und das Klaviertrio op. 97 erwarb.

2 Die erste Ziffer ist mehrfach überschrieben; unleserlich.

3 Durchgestrichen ist eine Preisangabe; unleserlich.

4 Ein Klavierauszug von op. 91 war noch nicht erschienen.

5 Johann Baptist Cramer (1771 – 1858), deutscher Pianist und Komponist, in London lebend. Seit etwa 1805 betätigte er sich auch als Verleger. 1810 verband er sich mit Samuel Chappell (Chappell & Co.), 1824 mit Robert Addison und Thomas Frederick Beale. Sein Verlag firmierte später mit Cramer & Co.

6 Ein solcher Brief von Ries ist nicht überliefert.

7 Beethoven hatte die Werke bereits an S.A. Steiner in Wien verkauft.

8 Op. 91 war am 10. und 13.2.1815 mit großem Erfolg im Drury Lane Theater in London aufgeführt worden.

9 Text nach den verbliebenen Buchstabenresten ergänzt. Ein fremder Schreiber, der auch die übrigen Fehlstellen ausfüllte, rekonstruierte hier "schlechte" .

10 Durch das Finanzpatent vom März 1811 waren die Bankozettel im Verhältnis 5:1 abgewertet und durch Einlösungsscheine (die spätere Wiener Währung) ersetzt worden. Durch diese Maßnahme sollte die Parität zum Konventionsgulden hergestellt werden, was aber von Anfang an nicht gelang. Der Kursverfall der neuen Währung nahm nach der Einführung von Antizipationsscheinen weiter zu. Am 31.5.1815 notierte die Wiener Börse einen Wechselkurs von 100 Konventionsgulden zu 400 5/6 fl. Wiener Währung (s. Wiener Zeitung Nr. 152 vom 1.6.1815, S. 600). Erst in späteren Jahren stabilisierte sich der Kurs bei 1:2,5.


© 1998 G. Henle Verlag, München