1371. Beethoven an Nikolaus und Peter Joseph Simrock in Bonn
Vien am 14ten März. [1820]
Lieber Herr Simrock
Ich erhielt gestern ihr schreiben u. beantworte es heute – die 8 themata mit Variationen wie auch die Schottischen Liederkönnen ihr Eigenthum seyn für deuschland [sic] Italien Frankreich Holland kurz für den ganzen Kontinent – Schottland u. England ist davon aus genommen; Es hat aber folgende Bewandtniß damit – ich habe <mit>bey dem Englischen verleger mir das Recht, alles was selber von mir erhält, ausbedungen, auch auf dem Kontinent herauszugeben u. zwar zu meinem Vortheil, Sobald nun der Englische oder vielmehr SchottischeVerleger d.g. werke von mir erhält, so zeigt er mir die Zeit an, wann er selbe heraus gibt, hienach richte ich mich nun auf dem Kontinent auch ein, u. bestimme alsdenn die Zeit dem übernehmenden Verleger, So daß selber zugleich mit seinem Eigenthum an's Tagslicht zu selber Zeit treten kann +mit dem Schottischen Verleger + – auf diese Weise haben Artaria auch Steiner von mir d.g. schon gestochen, Es ist offenbar, daß hiebey keiner verliehrt, ja mit Steiner habe ich schon den Fall erlebt, daß er d.g. Schottische Lieder schon vor 3 Jahren von mir genommen, u. durch Zufall, indem der Übersezer immer gezögert, bisher noch nicht heraus gegeben hat, Es ist ihm auch gar nicht Bange deswegen, +u. bisher noch keine Note davon irgendwo anders erschienen. + Er brauchte nur die Vorsicht, <sie>selbe in den Zeitungen anzukündigen – die Schottischen Lieder werden am meisten in Schottland selbst gesucht, in England frägt man nicht viel darnach, da man schon durch gar zu viele gesättigt ist – in Deutschland hingegen scheint man schon eingenommener dafür, indem die Gesänge bey ihrer Einfachheit doch gediegener wie d.g. gewöhnlich – für diesesmal muß ich ihnen noch die Zeit bestimmen, die Herausgabe betreffend, indem bey meinen vielen Beschäftigungen u. Zerstreuungen ich nicht eher dran denken konnte – Sie haben von dem Tage an, wo Sie diese Beyden Werke erhalten vier 5 Monathe Zeit zur Herausgabe derselben, nöthigenfalls kann ich ihnen auch noch einen Monath zugeben Netto ein halbes Jahr, jedoch würde mir Früher es noch lieber seyn, schreiben sie mir also, <ob>wie <sie>viel Zeit Sie hievon für sich brauchen? ich muß Sie nun aber bitten, mir auf's geschwindeste nun zu Antworten, ob Sie diese beyden Werke zu dem in meinem ersten Briefe angegebnen Honorar annehmen wollen u. auch <was>sich die übrigen Bedingungen gefallen laßen wollen, weil es mir sonst <es>etwas spät würde, selbe hier oder anderswo herauszugeben, Wodurch ich verliehren würde – eben seh ich, daß sie mir das Honorar von 130 # schon zugesagt für die beyden Werke, Es handelt sich also bloß um das übrige worüber sie aber keinen Scrupel haben werden können, indem ihnen ihr Eigenthum für den ganzen Kontinent gesichert ist, sollten ihnen 3 oder 4 Monathe genug seyn zur Herausgabe dieser beyden werke, so kann ich auch dieses machen, indem ich in einem Freundschaftlichen Verhältniß mit dem Schottischen verleger schon wenigstens 10 Jahr stehe, u. nie ist ihm so wenig ein Nachtheil als einem deutschen Verleger durch diese Art des Verkehrs zu gestoßen – Was die Übermachung des Honorars betrift, so bitte ich Sie selbes an Hr. Franz Brentano in Frankfurt gelangen zu laßen, wo Sie auch die beyden Werke wohl geschrieben erhalten werden, nur erwarte ich jezt aus obenangegegebenen [sic] Ursachen presto prestissimo ihre Antwort. – über den Plan zur Herausgabe meiner sämtl. werke, der mir ausführbar scheint, nächstens, so auch wegen der Meße, was möglich, werde ich nachlaßen; überhaupt werden Sie mich von dieser Seite nie übertrieben finden. ich weiß nun nicht ob ich an Vater oder Sohn geschrieben
gleichviel ich umarme beyde von Herzen. ihr Freund
Beethoven .
1
Nicht überliefert. Wahrscheinlich eine Antwort auf Brief 1365 vom 10.2.1820.
2
Op. 107 noch ohne Nr. 6 und 7.
3
Op. 108.
4
George Thomson hatte von den Variationen op. 107 bereits Nr. 2, 6 und 7 im Juli 1819 veröffentlicht.
5
Vgl. Brief 1103 vom März 1817 und Brief 1110 vom 1.4.1817 an Rupprecht. Es handelt sich um eine nicht bekannte Anzahl von Volksliedbearbeitungen, die zuvor schon von George Thomson in den beiden ersten Bänden seiner Sammlung A Select Collection of Original Irish Airs (Bd. 1: 1814; Bd. 2: 1816) veröffentlicht worden waren.
6
Johann Baptist Rupprecht, vgl. auch Brief 1389 .
7
Die Ausgabe kam nicht zustande.
8
Eine solche Anzeige konnte nicht ermittelt werden.
9
Beethoven hatte in Brief 1365 für op. 108 60 Dukaten und für die acht Variationen aus op. 107 70 Dukaten verlangt.
10
Beethoven hatte für die Missa solemnis125 Louisdor verlangt. Wie aus Brief 1372 vom 18.3.1820 hervorgeht, hatte Simrock nur 100 Louisdor angeboten.
11
Seinen ersten Brief nach längerer Unterbrechung der Korrespondenz, Brief 1365 , hatte Beethoven an Peter Joseph Simrock, den Sohn Nikolaus Simrocks, gerichtet.