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Editorische Zeichen in den Brieftexten

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  • [...] Herausgeberzusatz
  • +...+ Markierung längerer Passagen, auf die im Kommentar eingegangen wird, z.B. mehrfache Unterstreichung
  • +...+ Einfügungen des Schreibers mit Verweiszeichen im Original
  •  ... * Asterisk, Kennzeichnung von Textverlust durch Beschädigung der Handschrift

Ungebräuchliche und schwer verständliche Abkürzungen im Brieftext werden in eckigen Klammern [ ] aufgelöst. Die gängigen Abkürzungen und Zeichen für Münzen und Währungen bleiben unverändert. Nicht aufgelöst werden auch die geläufigen Abkürzungen bei Tempo- und Instrumentenbezeichnungen wie Allo, Andte, Vno(Violino) und Vcello(Violoncello).

Wurde ein Dokument im Laufe der Überlieferung getrennt und befindet sich nur ein Teil im Beethoven-Haus Bonn, ist dieser Teil in der Übertragung fett wiedergegeben.

Abkürzungen in den Brieftexten

  • # Dukaten
  • sfl., f., fr. Florin, Gulden
  • kr, xr, x Kreuzer
  • C.M., c.m. Konventionsmünze
  • W.W., w.w. Wiener Währung
  • BZ, B.Z. Bancozettel
  • £ Pfund Sterling
  • Rthlr Reichstaler
  • Thlr Taler
  • d.c. da capo
  • d.g., dgl. dergleichen
  • d.s. dal segno
  • etc. et cetera
  • mp, m.p. manu propria
  • Nb. Nota bene
  • P.P. Praemissis Praemittendis
  • P.S. Postscriptum
  • P.T. Pleno Titulo

Der nachgestellte Kommentar enthält den Quellennachweis sowie textkritische und erläuternde Anmerkungen. Für die häufiger zitierte Literatur werden Abkürzungen und Siglen verwendet.

1486. Beethoven an Johann van Beethoven in Gneixendorf

[Döbling1 , 31. Juli 1822]

Bestes Brüderl! Großmächtigster Gutsbesitzer!

Gestern schrieb ich Dir2 , jedoch ermüdet von vielen Anstrengungen und Beschäftigungen; und mit einer schlechten Feder mag es Dir schwer werden zu lesen. Schreibe mir für's Erste, wie geschwind die Posten hin und her gehen von Dir zu mir u. von mir zu Dir; – Ich schrieb Dir, daß der Leipziger-Verleger3 die Messe für f 1000 nimmt,4 ich wünschte nur daß ich Dir die Briefe alle schicken könnte, es ist aber zu umständlich. Es wäre beßer, daß Du bey allen gegenwärtig wärst, indem ich glaube, daß ich ihm von den andren Kleinigkeiten manches zu wohlfeil gegeben habe; 4 Märsche für 20 # erhält er noch.5 für 3 Lieder jedes 8 # . 4 Bagatellen eine zu 8 # .6 Ich habe, um die Umständlichkeiten zu vermeiden, ihm geschrieben, er möchte das Geld nur in Silbermünze bezahlen. Weil er aber noch nicht wußte, wieviel Bagatellen er erhält, so hat er, wie Du aus dem beygefügtem Zettel7 siehst, mir gleich 300f angewiesen. Nun kann ich aber die Kleinigkeiten nicht gleich schicken, da der Copist mit der Messe beschäftigt ist,8 die das Wichtigste ist, u. <wofür> wo ich, so bald ich nur einige Tage vorher schreibe, daß die Messe von hier abgeht, sogleich die 1000f erhalte, welche ich, wenn ich gewollt hätte, schon jetzt hätte erhalten können. – Aus allem ist der Eifer des Mannes für meine Werke zu sehn, ich mochte mich aber nicht gern bloßgeben; u. es wäre mir lieb, wenn Du mir schriebst, ob du Einiges entbehren kannst, damit ich nicht gehindert werde, bey Zeiten nach Baden zu gehn, wo ich einen Monath wenigstens bleiben muß.9 Du siehst, daß hier keine Unsicherheit Statt findet, so wie du die 200f im Sept mit Dank zurückerhalten wirst.10 Den beyliegenden Zettel bitte ich Dich, mir gleich wieder zurückzuschicken. Ubrigens bist du als Kaufmann immer ein guter Rathgeber. Die Steiner treiben mich ebenfalls in die Enge. Sie wollen durchaus schriftl haben, daß ich ihnen alle meine Werke gebe. Jeden Druckbogen wollen sie bezahlen, nun habe ich aber erklärt, daß ich nicht eher mit ihnen in eine solche Verbindung treten will, bis sie die Schuld Tilgen.11 Ich habe ihnen dazu 2 Werke vorgeschlagen, welche ich nach Ungarn geschrieben, u. die als ein paar kleine Opern zu betrachten sind, wovon sie auch früher schon 4 Stücke genommen haben.12 Die Schuld beträgt ungefähr 3000f,13 sie haben aber abscheulicher Weise noch Intereßen dazugeschlagen, die ich nicht eingehe. Einen Theil Schulden habe ich von Carls Mutter hiebey übernommen,14 da ich ihr gerne alles Gute erzeige, insofern Carl dadurch nicht gefährdet wird. Wärst Du hier, so wären diese Sachen bald abgethan; nur die Noth zwingt mich zu dergleichen Seelenverkäuferey. Wenn Du kommen, u. auf 8 Tage mit nach Baden gehn könntest, wäre es recht schön, nur mußt Du zugleich schreiben, wie Du es zu halten denkst. Küche u. Keller setze unterdessen in besten Zustand; denn vermuthlich werde ich mit meinem Söhnchen unser Hauptquartier bey Dir aufschlagen, u. wir haben den edlen Vorsatz gefaßt, Dich gänzlich aufzuzehren. Es versteht sich, daß blos vom Sept die Rede ist.
Jetzt Lebe wohl, bestes Brüderl! lies alle Tage das Evangelium; führe Dir die Episteln Petri u. Paulli zu Gemüth, Reise nach Rom, u. küsse dem Papst den Pantoffl. Grüße mir die Deinigen herzlich. Schreibe bald. Ich umarme Dich von Herzen.

Dein treuer Bruder
Ludwig

Ich, Sekretarius <des Unterzeichneten> umarme Sie ebenfalls von Herzen; u. wünsche, Sie bald wieder zu sehn.
Carl

am 31ten Jul. 1822

Nb: Ich sende die Anweisung von 300 fl. c.m. nicht mit, da ich fürchte, Es könnte vieleicht etwas damit geschehen.



1 Der Brief könnte auch in Wien, bei einem Besuch in Blöchlingers Erziehungsinstitut, geschrieben worden sein.

2 Möglicherweise Brief 1485 .

3 C.F. Peters.

4 Vgl. Brief 1469 vom 15.6.1822.

5 WoO 18, WoO 19, WoO 20 und WoO 24.

6 Weder die Lieder noch die Bagatellen waren zu diesem Zeitpunkt schon bestimmt.

7 Wie aus dem Zusammenhang hervorgeht, ist ein auf Peters zu ziehender Wechsel gemeint.

8 Er arbeitete wahrscheinlich an jener Partiturabschrift der Missa solemnis, die später in den Besitz von Johannes Brahms gelangte und heute in der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien aufbewahrt wird (A 21).

9 Dr. Jakob Staudenheim hatte Beethoven dort eine Kur verordnet. Der Antritt verzögerte sich bis Anfang September 1822, s. Brief 1490 und 1496 .

10 Johann gewährte das Darlehen, doch zahlte Beethoven es erst nach Auseinandersetzungen im Februar 1823 zurück; BKh 3, S. 57: "ich habe meinem Brud.[er] Kain schon seine 200 fl. gegeb.[en] heute" .

11 Zu Beethovens Schulden bei Steiner s. Brief 1422 vom 29.12.1820.

12 Op. 113 und op. 117. Beethoven hatte schon 1815 die Ouvertüren an Steiner verkauft. Es ist nicht bekannt, welche zwei anderen Stücke er darüber hinaus übereignet hat.

13 Dies ist der Schuldenstand Ende 1820, s. Brief 1422 .

14 Die Zinsen von zwei Darlehen über 700 und 1500 Gulden W.W. Sie betrugen im Jahre 1818 rund 280 Gulden W.W., s. Brief 1250 vom 28.3.1818, Brief 1422 und Brief 1771 vom 8.1.1824.


© 1998 G. Henle Verlag, München