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Editorische Zeichen in den Brieftexten

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Ungebräuchliche und schwer verständliche Abkürzungen im Brieftext werden in eckigen Klammern [ ] aufgelöst. Die gängigen Abkürzungen und Zeichen für Münzen und Währungen bleiben unverändert. Nicht aufgelöst werden auch die geläufigen Abkürzungen bei Tempo- und Instrumentenbezeichnungen wie Allo, Andte, Vno(Violino) und Vcello(Violoncello).

Wurde ein Dokument im Laufe der Überlieferung getrennt und befindet sich nur ein Teil im Beethoven-Haus Bonn, ist dieser Teil in der Übertragung fett wiedergegeben.

Abkürzungen in den Brieftexten

  • # Dukaten
  • sfl., f., fr. Florin, Gulden
  • kr, xr, x Kreuzer
  • C.M., c.m. Konventionsmünze
  • W.W., w.w. Wiener Währung
  • BZ, B.Z. Bancozettel
  • £ Pfund Sterling
  • Rthlr Reichstaler
  • Thlr Taler
  • d.c. da capo
  • d.g., dgl. dergleichen
  • d.s. dal segno
  • etc. et cetera
  • mp, m.p. manu propria
  • Nb. Nota bene
  • P.P. Praemissis Praemittendis
  • P.S. Postscriptum
  • P.T. Pleno Titulo

Der nachgestellte Kommentar enthält den Quellennachweis sowie textkritische und erläuternde Anmerkungen. Für die häufiger zitierte Literatur werden Abkürzungen und Siglen verwendet.

1549. Beethoven an Ferdinand Ries in London

[Wien,] am 5ten Febr. 1823

Mein lieber guter Ries !

Noch habe ich keine weitere Nachrichten der Sinfonie wegen, Unterdeßen können sie sicher drauf rechnen,1 <Unterdeßen>indem <habe> ich hier die Bekanntschaft gemacht habe mit einem sehr liebenswürdigen Gebildeten Manne, welcher bey unsrer Kaiserl. Gesandschaft in London angestellt ist,2 so wird dieser <wird> es übernehmen später die Sinfonie von hier nach london an Sie <zu> Befördern zu helfen, so, daß sie bald inlondon ist,3 wär ich nicht so arm, daß ich von meiner Feder leben müste, ich würde gar nichts von der P.[hilharmonischen] Gesells.[chaft] nehmen, so muß ich freylich warten, bis für die Sinfon. hier das Honor. angewiesen ist – um aber einen Beweiß meiner liebe u. Vertrauens für diese Gesellschaft zu geben, so habe ich die neue ihnen in meinem lezten schreib. berührte overture4 schon dem oben Berührten Herrn von der Kaiserl. Gesellschaft5 gegeben, da dieser in einigen Tägen von hier <abgereis> abreist,6 so wird er ihnen mein lieber sie selbst in london übergeben, man wird wohl bey Goldschmidtihre wohnung wißen, wo nicht, so geben sie selbe dort doch <ab>an, damit dieser so sehr gefällige nicht lange sie aufzusuchen habe – ich überlaße es der Gesellschaft, was sie in ansehung der overture anordnen wird, sie kann selbe ebenfalls wie die Sinfonie 18 Monathe behalten, hernach erst würde ich sie herausgeben7
nun noch eine Bitte:, Mein Herr Bruder hier, der Equipage hält, hat auch noch von mir ziehen wollen, u. so hat er, ohne mich zu fragen, diese besagte overture
einem verleger Namens Bosey in london angetragen,8 vi- +-de laßen sie ihn nur merken, daß man vor der Hand nicht bestimmen könne, ob er die overture haben könne, ich würde schon selbst deswegen schreiben – alles kommt hierin auf die p[h]il[h]arm.[onische] Gesellschaft an+ sagen sie nur gefälligst, daß mein Bruder sich geirrt, was die overture betrift. – +was andere werke betrift, weswegen er ihm geschrieb. die könnte er wohl haben, er kaufte sie von mir um damit zu wuchern wie ich merke.9 – o Frater+
ich bitte sie noch besonders der overture wegen, mir sobald sie selbe erhalten, sogleich zu schreiben, ob die P. Gesell. solche nimmt, weil ich sonst sie bald herausgeben würde – von ihrer an mich Dedicirten Sinfonie10 erhielt ich nichts, betrachtete ich die Dedicat. nicht als eine Art von Herausforderung, worauf ich ihnen Revanche geben muß, so hätte ich ihnen schon irgend ein Werk gewidmet, so glaubte ich aber noch immer, ihr werk erst sehen zu müßen, u. wie gern würde ich ihnen durch irgend etwas meinen Dank bezeigen,11 ich bin ja ihr tiefer schuldner für so viele bewiesene Anhänglichkeit u. Gefälligkeit. < – > beßert sich meine Gesundheit durch eine zu nehmende Badekur im künftigen Sommer, dann küße [ich] 1824 ihre Frau in london. –

ganz ihr Beethoven

A Ferd. Ries chez B.A. Goldschmidt et Comp. a londres (en Angleterre)



1 Beethoven hatte zugesagt, für die Philharmonische Gesellschaft in London eine Symphonie (op. 125) zu komponieren und das Manuskript bis März 1823 abzuliefern.

2 Gemeint ist Caspar Bauer, 1775 oder 1776 in der Pfalz geboren, seit 1813 Hauptmann im galizischen Infanterie-Regiment, seit 1815 Sekretär in der österreichischen Gesandtschaft in London, 1833 pensioniert. Österreichischer Gesandter in England war von 1815 bis 1842 Fürst Paul Anton Esterházy von Galantha. Bauer hielt sich in diplomatischer Mission häufig in Wien auf und verkehrte dort im Hause des Fürsten Nikolaus Esterházy.

3 Beethoven hat die Symphonie erst im April 1824 in Abschrift übergeben (s. Quittung vom 27.4.1824). Den Empfang bestätigte Charles Neate sogar erst am 20.12.1824 (Brief 1914).

4 Op. 124. Beethoven bezieht sich wahrscheinlich auf sein Schreiben vom 20.12.1822 (Brief 1517), das nur fragmentarisch überliefert ist. Der erhaltene Text geht nicht auf die Ouvertüre ein.

5 Recte: Gesandtschaft.

6 Bauer reiste am 26.2.1823 ab, kam aber erst am 13.3.1823 in London an, vgl. BKh 3, S. 107 und S. 151.

7 Die Silbe "ben" ist mit dem Siegel herausgerissen. – Ries hatte sich wegen der Ouvertüre bereits im Januar 1823 an die Philharmonische Gesellschaft gewandt. Diese beschloß auf der Direktoriumssitzung vom 25.1.1823: " that Beethoven be offered £ 25 – for the Overture [...] for the same period as the Symphony [d.h. 18 Monate] ; and that Mess.rs Drummonds be requested to pay for the two on the delivery of the M.S. [Manuscripts] at Vienna " , s. Director's Minute Books; London, British Library (Loan 48. 2/2). Beethoven spricht die Angelegenheit erneut in Brief 1580 an. Möglicherweise hatte Ries versäumt, ihn vom Beschluß der Gesellschaft zu informieren.

8 Vgl. BKh 3, S. 26. Johann van Beethovens Brief an Thomas Boosey ist nicht erhalten.

9 Johann van Beethoven hat außer op. 124 wahrscheinlich noch die Bagatellen op. 119 Nr. 1 – 6 und das Trio WoO 28, vielleicht auch noch weitere Werke angeboten. Er hatte im Herbst 1822 ein in seinen Einzelheiten nicht bekanntes Abkommen mit seinem Bruder getroffen, das ihm den Verkauf aller damals vorrätigen Kompositionen einräumte.

10 Ries' zweite Symphonie (c-Moll) op. 80.

11 Das Thema wurde in der folgenden Korrespondenz immer wieder aufgegriffen. Eine Widmung an Ries kam jedoch nicht zustande.


© 1998 G. Henle Verlag, München