1729. Beethoven an den Neffen Karl
Badenam 16ten aug . 1823
Lieber Junge!
Eher wollte ich dir nichts sagen, als bis ich mich hier beßer befinden würde, welches noch nicht ganz der Fall ist, mit Katharr Schnupfen kam ich hieher, beydes arg
für mich, <der>da der Grundzustand noch immer katharalisch ohnhin ist, u. ich fürchte, dieser zerschneidet bald den Lebensfaden, oder was noch ärger, durchnaget ihn nach u. nach – auch mein zugrunde gerichteter Unterleib muß noch durch Medizin u Diät hergestellt werden, u. dies hat man den treuenDienstbothen zu danken! du kannst denken wie ich herumlaufe, denn erst heute fieng ich eigentlich (uneigentlich ist es ohnehin unwillkührlich) meinen MusenDienst wieder an, Ich muß, man soll es aber nicht merken, denn <eigent>die Bäder laden doch mehr <zu>wenigstens mich zum genuße der schönen Natur ein, allein nous sommes trop pauvres, et il faut écrire, ou de n'avoir pas de quoi –
treibe nun, daß alle Anstalten für deinen Konkurs , u. sey ja bescheiden, damit du <mehr>dich höher u. beßer zeigst, als man es vermuthet –
deine Wäsche schicke nur gerade her, dein graues Beinkleid ist wenigstens im Hause zu tragen, denn theurer sohn, du bist auch wieder sehr theuer!
die überschrift beym Kupferschläger – etc schreibe sogleich, ob du diesen Brief empfangen, <ich>an <hoffe>den Schindler – diesen verachtung[s]würdigen* Gegenstand werde ich dir einige Zeilen schicken, da ich unmitte[l]bar* nicht gern mit diesem elend[en]* zu thun habe – wäre nur alles geschwinde geschrieben, wie man denckt, fühlt, so würde ich dir wohl manches nicht unmerkwürdige sagen können – für heute wünsche <ich> ich mir noch, daß ein gewißer Karl auch ganz meiner liebe meiner so großen Sorgen für ihn werth sey, u. <das>alles dieses zu würdigen wissen werde; obgleich <ist>ich, wie du weist, gewiß Anspruchsloß bin, so gibt es doch so manche Seiten, von welchen man den edlen Beßern zeigen kann, daß man di[e]ses an ihnen erkennt u. fühlt. – ich umarme dich von Herzen
dein treuer wahrhafter
vater
An Karl Van Beethoven in Vien abzugeben in der Josephstadt Kaiserstraße imGräfl. Kothekischen HauseimInstitute des Hr. v. Blöchlinger.
1
Beethoven war drei Tage zuvor nach Baden, Rathausgasse Nr. 94 gezogen, s. Brief 1733 .
2
Vgl. Brief 1731 an den Bruder.
3
Gemeint ist die Abschlußprüfung vom 26.8.1823, mit der Karl den Besuch des Blöchlingerschen Erziehungsinstituts beendete, s. Brief 1735 vom 23.8.1823.
4
Beethovens Hausherr, Johann Bayer, war Kupferschmied, s. Smolle S. 69.