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Hilfe zur Benutzung der Brieftexte

Editorische Zeichen in den Brieftexten

  • <...> Streichung, Überschreibung, Löschung
  • [...] Herausgeberzusatz
  • +...+ Markierung längerer Passagen, auf die im Kommentar eingegangen wird, z.B. mehrfache Unterstreichung
  • +...+ Einfügungen des Schreibers mit Verweiszeichen im Original
  •  ... * Asterisk, Kennzeichnung von Textverlust durch Beschädigung der Handschrift

Ungebräuchliche und schwer verständliche Abkürzungen im Brieftext werden in eckigen Klammern [ ] aufgelöst. Die gängigen Abkürzungen und Zeichen für Münzen und Währungen bleiben unverändert. Nicht aufgelöst werden auch die geläufigen Abkürzungen bei Tempo- und Instrumentenbezeichnungen wie Allo, Andte, Vno(Violino) und Vcello(Violoncello).

Wurde ein Dokument im Laufe der Überlieferung getrennt und befindet sich nur ein Teil im Beethoven-Haus Bonn, ist dieser Teil in der Übertragung fett wiedergegeben.

Abkürzungen in den Brieftexten

  • # Dukaten
  • sfl., f., fr. Florin, Gulden
  • kr, xr, x Kreuzer
  • C.M., c.m. Konventionsmünze
  • W.W., w.w. Wiener Währung
  • BZ, B.Z. Bancozettel
  • £ Pfund Sterling
  • Rthlr Reichstaler
  • Thlr Taler
  • d.c. da capo
  • d.g., dgl. dergleichen
  • d.s. dal segno
  • etc. et cetera
  • mp, m.p. manu propria
  • Nb. Nota bene
  • P.P. Praemissis Praemittendis
  • P.S. Postscriptum
  • P.T. Pleno Titulo

Der nachgestellte Kommentar enthält den Quellennachweis sowie textkritische und erläuternde Anmerkungen. Für die häufiger zitierte Literatur werden Abkürzungen und Siglen verwendet.

1731. Beethoven an Johann van Beethoven in Gneixendorf

<Vien> Baden am 19ten august [1823]1

Lieber Bruder !

Ich freue mich über deine beßere Gesundheit,2 Was mich betrift, so sind meine Augen noch nicht ganz hergestellt, u. hieher kam ich mit einem verdorbenen Magen u. einem schrecklichen Katharr den erstern von dem Erzschwein der Haußhält.[erin]3 den zweiten von einem vieh <welches>als KuchelMagd, welche ich schon einmal fortgejagt u. sie selbe doch wieder aufgenommen hat; – den Steiner hättest du nicht angehen sollen;4 ich werde sehn, was zu machen ist, mit den Liedern in paris dörfte es schwer seyn, da <sie>der text deutsch, die overture wohl eher5
deinen Brief vom 10ten aug.6 erhielt ich durch den Elenden Schuften Schindler, du brauchst ja nur deine Briefe gerade auf die Post zu geben, wo ich sie sicher alle erhalte, denn ich vermeide diesen niederträchtigen verachtungswürdigen Menschen möglichst – Karl kann erst am 29ten dieses zu mir kommen,7 wo er dir schreiben wird, ganz unbeobachtet, + was die beyden Kanaillen Fettlümmel u. Bastard8 mit dir anfangen, + wirst du nicht seyn, auch Briefe durch diese Gelegenheit von mir u. Karl erhalten, denn so wenig du es um mich verdienst, so werde ich nie vergeßen, daß du mein Bruder bist, u. ein guter Geist wird noch über dich kommen, + er dich von diesen beyden Kanaillen scheidet, diese vormahlige u. jezige Hure wobey, während deiner Krankheit ihr Kerl nicht weniger als 3 mal geschlafen hat, u. die noch obendrein <den Schlüßel zu deinem Gelde>dein Geld gänzlich in Händen hat,9 o verrucht[e]* Schande, ist kein Funken Mannh[eit]* in dir?!!!!! – + nun von was anderm
du hast von <denen>den Ruinen von Athen auch meine eigene Handschrift von einigen Stücken, welche ich nothwendig brauche, weil <das> die Abschriften nach der Partitur der Josephstadt gema[cht]* wo mehreres ausgeblieben,10 u. sich in diesen Manu script Partituren von mir befindet, da ich eben etwas d.g. schreibe,11 so brauche ich selbe höchst nothwendig, schreibe also, wo ich diese Manu scripte erhalten kann?, ich bitte dich sehr deswegen –
wegen zu dir kommen, ein andermal soll ich mich, so erniedrigen, in solcher schlechten Gellschaft zu seyn, vieleicht läßt sich aber dieses Vermeiden, u. wir können doch einige Täge mit dir zubringen?! über dein übriges, vom Briefe ein andermal
leb wohl Unsichtbar schweb ich um dich, u. wirke durch andere, damit dir die Kanaillen den Hals nicht zuschnüren –

wie immer dein treuer Bruder

du adressirst die Briefe an mich gerade nach vien. –

An Herrn Johann Van Beethoven GutsBesizer in Gneixndorf (bey Krems)



1 Die Jahreszahl ist aus der Erwähnung der Krankheit und der Familienverhältnisse Johann van Beethovens und vielen anderen inhaltlichen Merkmalen zweifelsfrei zu erschließen. Die Datierung durch Johann van Beethoven (s.o.) ist irrig.

2 Johann van Beethoven war im Juli 1823 schwer erkrankt, s. Brief 1688 vom 3.7.1823.

3 Barbara Holzmann.

4 Möglicherweise hat Johann van Beethoven die ihm überlassenen Werke seines Bruders (u.a. op. 121b, op. 122, op. 128, op. 124 und op. 119 Nr. 1 – 6) Steiner zum Verlag angeboten.

5 Beethoven und sein Bruder hatten früher schon mit Antonio Pacini in Paris verhandelt, s. die Briefe 1518 vom 27.12.1822, 1566 vom 11.2.1823 und 1644 vom 5.5.1823. Möglicherweise hatte Johann in der Zwischenzeit zu einem weiteren Pariser Verleger Kontakt aufgenommen.

6 Brief 1728 , nicht erhalten.

7 Vgl. Brief 1735 .

8 Beethoven meint seine Schwägerin Therese geborene Obermayer und deren uneheliche Tochter Amalie Waldmann.

9 In ihrem am 23.12.1820 geschlossenen Ehevertrag hatten Johann und Therese van Beethoven Gütergemeinschaft vereinbart und sich gegenseitig als Erben eingesetzt. Kinder sollten lediglich mit dem gesetzlichen Pflichtteil bedacht werden. Vielleicht spielt Beethoven auf diesen Vertrag an.

10 In der Bearbeitung von op. 113 als Weihe des Hauses anläßlich der Eröffnung des Josephstädter Theaters am 3.10.1822 wurde der Derwischchor (op. 113 Nr. 3) ausgelassen, vgl. Brief 1505 vom 6.10.1822, Anm. 7.

11 Beethoven war in dieser Zeit mit dem Finale der neunten Symphonie befaßt. Möglicherweise besteht aber auch ein Zusammenhang mit seinen damaligen Opernplänen. Mit Grillparzer war die Komposition der Melusina vereinbart und schon im März 1823 hatte Hermann von Hermannstal eine neue Bearbeitung der Ruinen von Athen angeregt, s. BKh 3, S. 114f.


© 1998 G. Henle Verlag, München