Ue
Beethoven-Haus Bonn Hilfe
schließen ×

Hilfe zur Benutzung der Brieftexte

Editorische Zeichen in den Brieftexten

  • <...> Streichung, Überschreibung, Löschung
  • [...] Herausgeberzusatz
  • +...+ Markierung längerer Passagen, auf die im Kommentar eingegangen wird, z.B. mehrfache Unterstreichung
  • +...+ Einfügungen des Schreibers mit Verweiszeichen im Original
  •  ... * Asterisk, Kennzeichnung von Textverlust durch Beschädigung der Handschrift

Ungebräuchliche und schwer verständliche Abkürzungen im Brieftext werden in eckigen Klammern [ ] aufgelöst. Die gängigen Abkürzungen und Zeichen für Münzen und Währungen bleiben unverändert. Nicht aufgelöst werden auch die geläufigen Abkürzungen bei Tempo- und Instrumentenbezeichnungen wie Allo, Andte, Vno(Violino) und Vcello(Violoncello).

Wurde ein Dokument im Laufe der Überlieferung getrennt und befindet sich nur ein Teil im Beethoven-Haus Bonn, ist dieser Teil in der Übertragung fett wiedergegeben.

Abkürzungen in den Brieftexten

  • # Dukaten
  • sfl., f., fr. Florin, Gulden
  • kr, xr, x Kreuzer
  • C.M., c.m. Konventionsmünze
  • W.W., w.w. Wiener Währung
  • BZ, B.Z. Bancozettel
  • £ Pfund Sterling
  • Rthlr Reichstaler
  • Thlr Taler
  • d.c. da capo
  • d.g., dgl. dergleichen
  • d.s. dal segno
  • etc. et cetera
  • mp, m.p. manu propria
  • Nb. Nota bene
  • P.P. Praemissis Praemittendis
  • P.S. Postscriptum
  • P.T. Pleno Titulo

Der nachgestellte Kommentar enthält den Quellennachweis sowie textkritische und erläuternde Anmerkungen. Für die häufiger zitierte Literatur werden Abkürzungen und Siglen verwendet.

1935. Beethoven an Ferdinand Ries in Bonn

[Wien, 11. Februar 1825]1

Lieber Ries !

Sie dringen so sehr auf Antwort, daß ich Ihnen [in] diesem Augenblick bloß das Nöthigste sagen kann. Schon von Kirchhoffer wußte ich, daß Sie London verlassen haben.2 Meine so gedrängte Lage ließ mich kaum dazu kommen, Ihnen nur das Mindeste zu schreiben. K. [irchhoffer] übernahm die Symphonie3 , welche ganz sicher nicht eher als Ende Sommers herauskommen kann.4 Diese jetzigen Veräusserungen sind nur Præliminarien ;5 die Zeit, welche die Londner Philharm. Gesellschaft sich ausbedungen hat, wird aufs Genauste gehalten werden.6 Bremen hat sie nie erhalten. Eben so wenig Paris, wie man mir von London aus schrieb.7 Was muß man nicht alles ertragen, wenn man das Unglück hat, berühmt zu werden! –
Nun auf ihre Wünsche! Mit Vergnügen werde ich Ihnen die Tempi von Christus am Oelberg durch den Metronom bezeichnen,8 so wankend auch noch diese Zeitbestimmung ist. – Was die Symphonie betrifft, so mache ich Ihnen hiebey einen mehr ins Allgemeine gehenden Vorschlag. Meine Lage macht, daß ich durch meine Noten aus meinen Nöthen zu kommen suchen muß. Wäre es denn nicht möglich, daß Sie die Sache so einrichteten? Ich schickte Ihnen <zu> die Symphonie in meiner oder einer wohlabgeschriebnen Partitur ; hiezu noch die Messe9 , in Partitur , und die Ouverture, die ich für die Philh. Gesellschaft schrieb.10 Auch könnte ich noch mehrere Kleinigkeiten für Orchester geben, u. für Chöre ; so wäre ein solcher Verein11 in Stand gesetzt, statt einer Academie 2 – 3 zu geben. Vielleicht würden demselben 40 Carolinen nicht zu viel seyn12 – Ich überlasse Ihnen die Sache. Das Concept hiezu kommt nicht von mir , sondern von denen, welche mich gern durch meine Noten aus meinen Nöthen retten wollen.13 Ich nehme den innigsten Antheil an Ihrem Besitzthum in Godesberg;14 kein Mensch kann eine neidischere Freude darüber haben, dessen höchste Wünsche ein solcher Besitz erfüllen würde. Es scheint aber, daß meine Bestimmung gerade nicht so seyn soll, wie ich sie wünsche. Grüßen Sie Ihren alten Vater herzlich von mir. Ich bin äusserst erfreut über sein Glück; ich umarme Sie herzlich, und hoffe Ihnen bald näheres schreiben zu können.

Wie immer Ihr wahrer Freund
Beethoven
Schreiben sie ebenfalls bald

von Wien
An Herrn Herrn Ferdinand Ries berühmten Compositeur in Bonn (am Nieder Rhein).



1 Der Brief kam auf Anregung Johann van Beethovens zustande. Er forderte am 11.2.1825, ihn noch am selben Tage durch den Neffen Karl schreiben zu lassen, s. BKh 7, S. 152; vgl. auch Anm. 13. Ries empfing den Brief am 18.2.1825, s. Hill, Ries-Briefe , Nr. 131.

2 Ries hatte am 9.7.1824 London verlassen und war am 14.7.1824 mit seiner Familie in Godesberg bei Bonn eingetroffen, vgl. Hill, Ries-Briefe , Nr. 118 und Nr. 120. 1827 übersiedelte er nach Frankfurt a.M.

3 Op. 125; die für die Philharmonische Gesellschaft bestimmte Abschrift hatte Beethoven am 27.4.1824 übergeben.

4 Op. 125 ist erst im August 1826 bei Schott in Mainz veröffentlicht worden. Wohl aufgrund einer Vorbesprechung von Gottfried Weber in Cäcilia 1 (1824), S. 373f., hatte Ries angenommen, die Symphonie würde schon zu Ostern 1824 erscheinen, s. Hill, Ries-Briefe , Nr. 126 (Brief an Wilhelm Hauchecorne vom 12.1.1825).

5 Vielleicht eine Anspielung auf Webers Vorbericht in der Cäcilia, vgl. Anm. 4, (Veräusserungen = Äußerungen).

6 Die Philharmonische Gesellschaft in London hatte mit Beethoven ein ausschließliches Nutzungsrecht von 18 Monaten nach Empfang des Manuskripts vereinbart, s. u.a. Brief 1510 vom 15.11.1822. Beethoven scheint später von einem Zeitraum von nur einem Jahr ausgegangen zu sein, s. Brief 1924 vom 15.1.1825.

7 Siehe Brief 1914 vom 20.12.1824

8 Dies scheint nicht geschehen zu sein.

9 Op. 123.

10 Op. 124. Beethoven hat die Ouvertüre zur Eröffnung des neuen Theaters in der Josephstadt am 3.10.1822 geschrieben, sie aber der Philharmonischen Gesellschaft im Februar 1823 zu Aufführungszwecken überlassen.

11 Das Niederrheinische Musikfest in Aachen (Pfingsten 1825).

12 Ries sandte Beethoven am 9.6.1825 einen Wechsel über 40 Louisdors, s. Brief 1987 . Da weder die Carolinen in Beethovens Forderung noch die Louisdors in Ries' Überweisung spezifiziert sind, läßt sich nicht entscheiden, ob die Beträge den gleichen Wert hatten.

13 Gemeint sind der Bruder Johann und der Neffe Karl. Am 11.2.1825 hatte Johann geraten: "Über Ries Brief habe ich folgendes gedacht; Du soll[st] ihm heut durch den Karl schreiben lassen daß er die neue Simfonie und Meße für dieses Musikfest zusamm[en] um 40 Carolin haben kann, dies soll er den Directoren eröfnen, dann sollen Sie diese 2 Werke am 2ten Tag aufführen, und am 1ten den Christus und Simfonie. – Ich werde die Copiaturen besor-[gen] so daß du gar nichts dabey zu thun hast als die 40 Carolinen einzunehm[en]" , s. BKh 7, S. 152.

14 Ries hatte von seinfem Vater, Franz Anton Ries, ein Haus in der Nachbarschaft der Godesberger Redoute gekauft, s. Hill, Ries-Briefe , Nr. 122.


© 1998 G. Henle Verlag, München