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Editorische Zeichen in den Brieftexten

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Ungebräuchliche und schwer verständliche Abkürzungen im Brieftext werden in eckigen Klammern [ ] aufgelöst. Die gängigen Abkürzungen und Zeichen für Münzen und Währungen bleiben unverändert. Nicht aufgelöst werden auch die geläufigen Abkürzungen bei Tempo- und Instrumentenbezeichnungen wie Allo, Andte, Vno(Violino) und Vcello(Violoncello).

Wurde ein Dokument im Laufe der Überlieferung getrennt und befindet sich nur ein Teil im Beethoven-Haus Bonn, ist dieser Teil in der Übertragung fett wiedergegeben.

Abkürzungen in den Brieftexten

  • # Dukaten
  • sfl., f., fr. Florin, Gulden
  • kr, xr, x Kreuzer
  • C.M., c.m. Konventionsmünze
  • W.W., w.w. Wiener Währung
  • BZ, B.Z. Bancozettel
  • £ Pfund Sterling
  • Rthlr Reichstaler
  • Thlr Taler
  • d.c. da capo
  • d.g., dgl. dergleichen
  • d.s. dal segno
  • etc. et cetera
  • mp, m.p. manu propria
  • Nb. Nota bene
  • P.P. Praemissis Praemittendis
  • P.S. Postscriptum
  • P.T. Pleno Titulo

Der nachgestellte Kommentar enthält den Quellennachweis sowie textkritische und erläuternde Anmerkungen. Für die häufiger zitierte Literatur werden Abkürzungen und Siglen verwendet.

2015. Beethoven an Adolph Martin Schlesinger in Berlin

Baden am 19 July 1825.

Euer Wohlgeboren!

Mit großem Vergnügen habe ich Ihr Schreiben vom 24t Juny nebst der allgemeinen Berliner musikalischen Zeitung erhalten;1 ich bitte, mir selbe auch künftig zukommen zu lassen. Beym Durchblättern fielen mir einige Aufsätze in die Augen, die ich sogleich für Producte des geistreichen Herrn Marx 2 erkannte; ich wünsche, daß er stets fortfahre, das Höhere u. Wahre im Gebiethe der Kunst immer mehr u. mehr aufzudecken; dieß dürfte das bloße Silbenzählen wohl nach u. nach in Abnahme bringen.
Auf Ihr Verlangen melde ich Ihnen, daß ich Ihnen zwey große neue Violinquartetten3 überlassen könnte; das Honorar <dafür> wären 80 Dukaten (für jedes). Denn seit einiger Zeit sucht man von allen Seiten meine Werke, und so ist mir für jedes dieser Quartetten schon die Summe von 80 # angebothen worden. Wollen Sie selbe aber für diesen Preis, so gebe ich Ihnen gern den Vorzug. Dieser Antrag dürfte Ihnen besonders deßwegen nicht unwillkommen seyn, weil Sie die Quartetten auch nach Paris u. London schicken können. Seit mein Freund Ries nicht mehr in London ist,4 schicke ich selbst nichts mehr hin, da die Correspondenz u. Besorgung mir zu viel Zeit raubt.
Im Falle Sie meinen Antrag anzunehmen gesonnen wären, bitte ich, es mir schleunigst zu melden, weil die Sache keinen Aufschub leidet.
Sie könnten mir Wechsel auf ein hiesiges gutes Haus, auf 3, selbst auf 4 Monathe, übersenden; so bald ich selben empfange, sende ich Ihnen ohne Verzug die Quartetten.
In jedem Falle aber bitte ich Sie, mit der Antwort nicht zu zaudern. Sie dürfen den Brief nur nach Wien addressiren ; ich erhalte ihn schon, obwohl ich mich, meiner geschwächten Gesundheit wegen, in Baden aufhalte.

Mit Hochachtung Euer Wohlgeboren ergebenster
Ludwig van Beethoven
P.S.
Ist der Fürst Radzivil5 in Berlin?

An Seine Wohlgeboren Herrn Herrn A.M. Schlesinger in Berlin. Schlesingerstraße, in der Kunst- u. Buchhandlung.



1 Der Brief ist nicht überliefert; Brief 1999 .

2 Adolph Bernhard Marx (1795 – 1866), Musikschriftsteller und Komponist. Seit der Gründung 1824 bis 1830 Redakteur der bei Schlesinger erscheinenden Berliner AMZ.

3 Op. 132 und das noch unvollendete op. 130.

4 Ferdinand Ries war im Juli 1824 nach Bonn zurückgekehrt.

5 Fürst Anton Heinrich Radziwill, Statthalter in Posen, lebte abwechselnd in Posen und in Berlin. Beethoven hatte ihm die im April 1825 erschienene Ouvertüre op. 115 gewidmet. Möglicherweise wollte er ihn in die Verhandlung um die Dedikation der neunten Symphonie an König Friedrich Wilhelm III. von Preußen einschalten.
Ein erster, wohl mit 15.7.1825 zu datierender Entwurf zu diesem Brief findet sich in einem Konversationsheft, Berlin, Staatsbibliothek (aut. 51,89 Bl. 2r – 3r; vgl. BKh 8, S. 18). Er lautet:

"+ob Fürst Radzivil in B [erlin] ist? –
Mit vielem Verg[nügen] erhielt ich die Musik.[alische] Berlin.[er] Zeit[un]g von ihnen wofür ich ihnen umso mehr danke, da ich hier ohnlängst einige Blätter davon zu Gesichte bekam, welche mir die geistreiche u für die Kunst nüzliche Tendenz des H.[errn] Marx zeigten, <ich> bitte sie mich fortdaurend damit zu beehren, wofür ich ihnen dankbar seyn werde – sie wünschen werke von mir, – ich habe jetzt 2 quartetten wieder vollendet, welche ich ihnen überlaßen könnte, wenn ihnen sonst das Honor. [ar] nicht zu hoch dafür seyn würde, nemlich 80 # für eines,
Seit einiger Zeit hat sich beynah alles gedrängt um meine Compos. [itionen], so ist mir auch bloß für eine 4Händ.[ige] Klawier[sonate] auch 80 in gold angeboten.
so f <bedenke ich wie viel ich Drangsale erlei-[den] muste bis dahin zu gelangen>
diese summe ist mir auch für jedes quart. [ett] gebothen,
da sie noch die Handlung in Paris hab[en], so wird
sie könnten übrigens diese summe an ein gutes WechselH.[aus] mit [?] dem wech[sel] auf 3 auch 4 Monathe anweisen, das machte nichts. Troz dem hübschen Honorar gebe ich sie dem nicht, welche[r] sie mir angetrag.[en] hat, sie können selbe auch nach England schick[en] etc nur muß ich sie bitten mit der Antwort zu eilenist Fürst Radzivil in berlin ?
Viele Emphelungen an sie u. aus mehrern Ursachen würde es mir lieber seyn, wenn sie bey ihn[en] erschein.[en] würde[n]
ihren Brief auf die Post zu geb.[en]
Schulz"

Ein zweiter Entwurf (Konzept), nach dem der Neffe den Brief vom 19.7.1825 auszuführen hatte, befindet sich in Bonn, Beethoven-Haus (Slg. H.C. Bodmer BBr 132; 1 Doppelblatt, 4 beschriebene Seiten). Er hat den folgenden Wortlaut:
" Badenam 15tenJul. [1825]
Euer wohlgebohrn!
Mit großem vergnügen erhielt ich ihre allgemeine Berl. [iner] Musikal.[ische] Zeitung, u. bitte sie <mir>mich selber immer theilhaftig zu machen, durch Zufall geriethen mir einige Blätter davon in die Hände worin ich den geistreichen Hr Redakteur Hr. Marx sogleich erkannte, u. wünsche daß er fortfahre das Höhere u. wahre Gebiet der Kunst immer mehr aufzudecken, welches Gewinn für dieselbe seyn wird, u. das bloße Silbenzählen etwas in abnahme bringen dörfte. –
auf ihr verlangen zeige ich ihnen an, daß ich ihnen 2 große neue Violin Quartetten überlaßen könnte, <obschon ich halb> das honorar für eines wäre 80 # <+welches mir auch schon dafür gebothen, jedoch aus andren rücksichten+> denn Seit einiger Zeit sucht man von allen Seiten sehr meine werke u. so ist mir auch schon auf die 4tetten dieses gebothen, eben so z.B. auf eine 4 Händige Klawier Sonate dasselbige, Vi – – de ich würde ihnen aber gern den vorzug geben. ich glaube aber, daß da Sie diese qu [a] rtetten nach Paris london schicken können +wie ich denn von Ries weiß, daß ihr sohn in Paris auch schon früher meine Kompositionen dahin gegeb.[en]+ eher noch mehr geben könnten jedoch bin ich damit zufrieden, nach London schicke ich selbst nichts mehr, seit mein Freund u. Schüler Ries nicht mehr da ist, da die Correspond. [enz] u. das Besorgen zu viel Zeit wegnimmt, u. ein Priester des Apoll ohnehin mit d.g. verschont seyn müste, leider fordern unterdessen die Umstände, daß der Blick von oben auch sich <in die Tiefe verlieren muß, dahin, wo die bösen Unterirrdischen Mächte hausen – > auf die Erde verlieren muß. –
um ihnen übrigens einen Beweiß zu geben, wie ich auf sie rücksicht [nehme] können sie mir einen wechsel auf ein gutes Hauß hier auf 3 auch 4 Monathe anweisen, auf Erhaltung dieses erhalten sogleich die quartetten, doch erwarte ich jezt erst ihre geneigte Antwort, worauf ich ihnen denn schreiben werde, wann sie den wechsel schiken sollen, gegen welchen als denn die 4tetten dort sogleich abgegeb.[en] werden, < – > denn Es ist nicht Ehrenvoll u. zu Umständl.[ich] <bis> erst zu warten bis diese werke erst in Berl. [in] ankommen, – ich halte es überall so, sie können sich drauf verlaßen, daß die 4tetten sogleich als ich den wechsel erhalte gegen selben abgeg.[eben] werden – gern werde ich ihnen auch zuweilen einen Beytrag einen Kanon oder d g. zur B. [erliner] Allg.[emeinen] Z.[eitung] liefern, wenn man es wünschen wird –
eilen sie nun mit der Antwort, damit ich gerade diese 4tetten <+niemanden andren gebe.+>, welche ich wünschte, daß H. Marx zuerst zu gesichte bekäme, bey ihnen in Berlin <heraus> erschienen. –

Eur wohlgebohrn mit <aller Ho> Achtung Ergebenster
Beethoven

schicken sie ihren Brief gefälligst gleich <auf> durch die Brief Post, denn lange kann ich nicht warten, Es braucht gar nichts als an Ludwig van Beethoven in Vien".

Der Name Schulz am Ende des ersten Entwurfes ist möglicherweise auf Josephine Schulz geb. Killitschky (1790 – 1880), die Schwägerin Ignaz Schuppanzighs, zu beziehen. Sie war seit 1813 als erste Sängerin an der Königlichen Oper in Berlin angestellt. Im Januar 1824 hatte Schuppanzigh sie als Vermittlerin bei Fürst Radziwill empfohlen, s. BKh 5, S. 82.
Die im ersten Entwurf erwähnte vierhändige Klaviersonate war ein Kompositionsauftrag von Anton Diabelli, s. Brief 1865 vom 24.8.1824.

© 1998 G. Henle Verlag, München